Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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344. Der heilige Antonius zu Leuben. 
Gräße, Bd. J, Ar. 329; J. Chr. Sickel, Nachrichten von Poltergeistern. 
Quedlinburg 1761. Bd. I, S. 16 ff. 
Im Jahre 1727 ist Johann Christoph Sickel in Kondition 
nach Leuben bei Oschatz in Sachsen auf den damaligen Thielauschen 
Hof gekommen, wo ihm eine Stube angewiesen ward, der gegen- 
über eine alte Kapelle zu sehen war, worin vor der Reformation 
Gottesdienst gehalten worden war. Auf sein Befragen nach der 
Geschichte derselben wurde ihm jedoch gesagt, daß dieselbe vor 
einigen Jahren säkularisiert, das alte Gemäuer repariert, auch über 
dasselbe ein holländisches Dach gemacht, die Kapelle aber, weil ihre 
Mauer sehr dich war, zu einem Milchgewölbe und der Oberteil des 
Daches zu einem Fruchtboden benutzt worden sei. Als nun diese 
Veränderung vorgenommen ward, da hat man des Tachts eine 
solche Unruhe, Gepolter und Gehämmer gehört, als wenn Maurer 
und Zimmerleute allda arbeiteten. Dasselbe Getöse hat sich nach- 
her noch oft wiederholt, und der Hauslehrer Sickel versichert, daß 
er öfters um Mitternacht in seiner Stube ein heftiges Gepolter aus 
jener Kapelle vernommen habe, gerade wie wenn Personen darin 
mit Brettern hantierten oder mit Steinen würfen. 
In dieser Kapelle hat früher auch eine hölzerne Bildsäule des 
heiligen Antonius gestanden, die man bei der Säkularisation heraus- 
genommen und in ein danebenstehendes Gebäude, das Backhhaus 
genannt, gesetzt hat. Als nun einmal, während die Herrschaft nicht 
zu Hause war, das Hofgesinde sich eine Lust machen wollte, haben 
sie des Abends das Bild in die Schenke getragen, ihm eine Tabaks-= 
pfeise in das Maul gestecht und sind mit vielem Vergnügen um 
dasselbe herumgetanzt, haben ihm auch bisweilen Aasenstüber ver- 
abreicht. Bei dieser lustigen Gesellschaft hat sich nun der Schäfer 
bis in die späte Nacht am aufgeräumtesten bewiesen, nachher aber 
den heiligen Antonius wieder an seinen Ort in das Bachhaus ge- 
bracht. Als nun der Anstifter dieser Kurzweil wieder auf den Hof 
gegangen war und sich in seine neben dem Bachhause und der 
Kapelle stehende Horde niedergelegt hatte und eingeschlafen war, ist 
er von einem Gespenste plötzlich mit derben Ohrfeigen dermaßen 
reichlich bedacht worden, daß er durch solche Komplimentierung 
außer sich geriet und fast des Todes war, auch einen so dickhen 
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