Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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Tagen und Aächten ein greuliches Gespenst hören lassen, hat den 
Leuten die Mütze vom Kopf, des Schusters Töchterlein die Weife 
aus der Hand geschlagen, mit den Türen geschmissen, ob man gleich 
dieselbigen mit Stricken angebunden, in Stuben, Kellern, Boden 
rumoret, Kisten und Kasten untereinander geworfen, dem Schuster 
das Leder umhergestreut und keinen Menschen in Ruhe gelassen. 
Der Schuster hat einen Zettel mit dem ANamen Jesu an die Türe 
geheftet, den hat's über Aacht zerrissen, und ob man gleich nichts 
gesehen, hat der Lärm neun Tage und Aächte lang gedauert, 
bis das Gespenst von selbst aufgehört. 
348. Der verschluckte Maulwurf. 
Mitgeteilt von Dr. Pilk. 
Eines Tages waren die Hofarbeiter von Batibor auf einem 
Felde beschäftigt. Als sie eben zum Frühstücke gingen, bemerkte 
einer derselben, daß ein Maulwurf auf ihn zugelaufen kam. Aus 
Ubermut sagte er da zu den andern: „Den nehme ich in den Mund.“ 
Und weil die übrigen lachten, wettete er darum eine Kanne Brannt- 
wein. Kaum aber hatte er das Tier an den Mund gebracht, als es 
auch schon in den Hals hineingeschlüpft war. Nicht lange dauerte 
es, da mußte der Bedauernswerte unter fürchterlichen Qualen seinen 
Geist aufgeben. Der Unglüchliche ist jedenfalls an Ort und Stelle 
begraben worden, und zum Andenken hat man ihm ein aus Stein 
gehauenes Kreuz errichten lassen. Der spätere Besitzer des Feldes, 
Michael Waurik, nahm jedoch das Kreuz weg, da es ihm bei der 
Bebauung des Feldes hinderlich war. In der ersten Nacht, nach- 
dem er das Kreuz entfernt hatte, entstand in seinem Gehäöft ein 
entsetzliches Rumoren und Poltern. Bekümmert ging der Bauer 
zum Pfarrer Zschorlich und klagte ihm sein Leid. Zschorlich fragte 
Wauriken: „Hast du vielleicht einen Mord begangen oder sonst 
eine Freveltat auf dem Gewissen?'“ Waurik konnte sich jedoch 
auf nichts besinnen. Endlich sagte er: „Das Kreuz auf meinem 
Felde hab ich weggenommen; müßte dies die Ursache sein.“ „Das 
ist freilich ein großer Fehler“, bemerkte der Pfarrer, „setze es so- 
gleich wieder an Ort und Stelle; hättest es tief versenken Kkönnen
	        
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