Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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es allabendlich mit Milch. Viele Leute behaupten, solches oftmals 
gesehen zu haben. Fast zu jeder Aachtstunde sieht man Licht im 
Stalle oder auch oben auf dem Hausboden, wo das Koberchen zu— 
zeiten seinen Wohnsitz aufgeschlagen hat. Gewisse Leute gehen an 
diesem Hause nachts gar nicht gern vorüber, denn man will öfters 
gesehen haben, wie alle Fenster desselben plötzlich tageshell erleuchtet 
werden. Ja, zuweilen sah man das betreffende Haus blitzartig um- 
leuchtet, wie wenn es in Flammen stehe. Aus der Feueresse oder 
auch zu den Dachfenstern heraus schossen feurige Garben, als ob 
das Haus brenne. — Vor ungefähr sechzehn Jahren starb der 
Mann der noch lebenden Witwe K., der Großmutter im Hause des 
Feldbesitzers S. Derselbe lag tagelang im Sterben und konnte 
nicht eher sterben, bis man ihm Stalldünger unter den Kopf gelegt 
hatte. Der damals Verstorbene soll einst das Käferchen ins Haus 
bestellt haben. 
389. Das Erdmännchen und der SchafpbSirt. 
Gräße, Bd. 1, Nr. 221; Prätorius, Weltbeschreibung, Magdeburg 1665, 
Bd. I, S. 133. 
Im Jahre 1664 hat sich in einem Dorfe nahe bei Dresden 
folgendes zugetragen. Es hat ein Schäferjunge im Felde bei seiner 
Herde gesessen und von ungefähr gesehen, wie ein mäßig großer 
Stein in seiner Aähe sich von selbst einige Male in die Höhe zu 
heben schien. Dies hat ihn gewundert, er hat sich den Stein an- 
gesehen und ihn endlich von seinem Platze weggehoben. Siehe, da 
hüpft ein Kleines Kerlchen (ein Erdmännchen) aus der Erde hervor 
und stellt sich vor ihm hin und spricht, er sei bis diesen Augenblick 
dahin gebannt gewesen, und begehre nunmehr von ihm Arbeit, er 
müsse ihm etwas zu tun geben. „Aun wohl“, hat der Junge be- 
stürzt geantwortet, „hilf mir meine Schafe hüten.“ Dies hat das 
Erdmännchen auch flugs getan; am Abend aber, wo der Junge 
sein Vieh hat ins Dorf treiben wollen, da hat das Gespenst mit- 
gewollt. Der Junge hat sich aber entschuldigt und also gesprochen: 
„In mein Haus vermag ich dich nicht mitzunehmen, denn ich habe 
einen Stiefvater und dazu noch andere Geschwister; mein Vater 
würde mich übel zudechen, wenn ich ihm noch einen andern mit- 
brächte und ihm das Haus kleiner würde.“ „Ja, so mußt du mir
	        
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