— 311 —
Rufe: „Miezel, Miezel!“ herbei. Dann aber trug er auch regel—
mäßig eine Schürze voll harter Taler hinauf in die Truhe, obgleich
er von niemandem vorher irgendwelche Zahlung erhalten hatte.
Am meisten hat man Frauen im Verdachte, daß sie Pflege—
rinnen des Drachens seien. Man wollte sogar die Ankunft des
Drachen bei mehreren derselben beobachtet haben. Nachts war er
durch die Lüfte gezogen gekommen, einen langen Streifen feuriger
Funken hinter sich lassend, und hatte durch den Schornstein seinen
Einzug in das Haus der Zauberin, die ihn herbeigewünscht, ge-
halten. Von der Anwesenheit des Drachen darf zu niemandem
geredet werden. Es geht auch allgemein noch heute die Rede, daß
diejenige Person, welche den Drachen beherbergt, nicht ersterben
könne, sondern einen langen, fürchterlichen Todeskampf bestehen
müsse, bis man ihr das Geheimnis abgenommen hat. Findet sich
niemand zu letzterer Handlung bereit, so muß man die Sterbende
hinausschaffen und auf den Stalldünger niederlegen, oder ihr doch
etwas Mist unter das Kopfkissen breiten. Dann erst vermag sich
ihre Seele vom Leibe zu trennen. Diejenige Frau nun (es Rommt
beim Drachenglauben fast immer (7) das weibliche Geschlecht in
Frage), welche das Drachengeheimnis von der Sterbenden mitgeteilt
erhält, ist dann wieder Hüterin des Drachen und als solche wohl-
begütert.
408. Der Drache in der Putzkauer Brettmühle.
Archiv des Vereins für Sächsische Volkskunde, Sammlung Pilk.
Jedesmal in der hundertsten Nacht gewahrt derjenige, der an
der Brettmühle zu Oberputzkau vorübergeht, einen Drachen. Sieht
dieser gelb aus, so hat derjenige, der ihn sieht, Glück in seinem
Leben; ist die Farbe des Drachens aber rot wie Feuer, so stirbt
jener, der ihn erblicht, in demselben Jahre. Von der fraglichen
hundertsten Nacht aber weiß niemand, wann sie fällt.