— 333 —
für die erteilte Erlaubnis des Zutritts in die Wochenstube, und
schenkte der Wöchnerin im Namen der ganzen Gesellschaft zum
Danke dafür drei Geschenke, nämlich einen goldenen Aing, einen
silbernen Becher und ein Weizenbrötchen. Diese drei Dinge, sagte
das Männchen, seien von der größten Wichtigkeit, denn solange
sie alle drei vereint in dem Stamme bleiben würden, werde er
immer größer, angesehener und reicher werden, und Glüchk und
Ruhm werde sein Eigentum sein. Sie müßten daher alle drei als
ein wertes Heiligtum betrachtet und sorgfältig aufbewahrt werden,
der Ring aber solle allemal in dem Geschlechte des ältesten Sohnes
verbleiben und von dessen Gemahlin getragen werden. Hierauf
empfahl sich das Männlein häöflichst wieder und verschwand durch
die bewußte Offnung und diese mit ihm. Der Wöchnerin war es,
als ob sie aus einem Traume erwache, und sie würde auch alles
für einen Traum gehalten haben, wenn nicht die drei Geschenke
ihr so in die Augen geglänzt hätten. Sie rief nun ihre ganze
Sippschaft zusammen, und man beratschlagte, wie diese Kostbarkeiten
am besten zu verwahren seien. Es ward ein fester steinerner Turm
erbaut, und der silberne Becher und das Weizenbrötchen tief in
seinem Innersten verwahrt, so daß niemand imstande war, diese
heilbringenden Gaben dem Stamme zu entwenden, den Ring aber
trug die, der er geschenkt worden war, unablässig an der Hand.
Nach ihrem Tode aber erbte er als ein Alterteil der Vorschrift
gemäß von Glied zu GElied fort, und das Geschlecht war seit dem
Besitze dieser Zaubergaben immer größer, reicher und angesehener
geworden, so daß man das Glüchk, welches ihnen von Jahr zu
Jahr immer schöner erblühte, nur einem höheren Schutze zuschreiben
konnte. Siehe, da war einst die Besitzerin dieses Ringes so un-
vorsichtig, ihn zu verlieren, und alles Nachsuchens ungeachtet war er
schlechterdings nicht wieder aufzufinden. Trostlos brach die Familie
in Klagen aus und fürchtete den Zorn jener Wesen, deren Hilfe sie sich
bisher zu erfreuen gehabt hatten. Mit Recht, denn ein Ungewitter
erhob sich plötzlich über jenem alten Turme, der als Trutz= und Schutz-
wehr dieser Geschenke galt, spaltete ihn nach einem furchtbaren Blitz
und Gekrach von oben bis unten, und verschlang in einem Au die ver-
ehrten Heiligtümer. Von diesem Augenblicke aber ging der Verheißung
nach der Stern dieses Geschlechtes unter, denn mit dem Besitze dieser
Geschenke war auch seine Größe und sein Wohlstand für immer dahin.