Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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438. Der Veens= oder Feensmännelberg bei Ostritz. 
Gräße, Bd. U, Nr. 846; Preusker, Bd. 1, S. 41; Lausitzer Mag. 1838, 
S. 282 ff. cf. 1829, S. 249, 1836 S. 5; Klar a. a. O., S. 133 ff.; Gräve S. 105. 
Am rechten ANeißeufer auf der von Rhonau bis Miederau sich 
hinziehenden Anhöhe südöstlich von dem Städtchen Ostritz liegt der 
zu dem Dorfe Blumberg gehörige Veens= oder Feensmännelberg. 
Nach der Volkssage ist dieser Berg ehedem von einem von Statur 
kleinen Völkchen bewohnt gewesen, welches daselbst früher als die 
Ostritzer ansässig war, und von welchem diese, wenn sie Bier brauen 
wollten, meist eine Braupfanne zu entleihen pflegten. Als Erkennt- 
lichleit dafür wurde bei der Bückgabe der letzteren, welche stets bei 
einem über die A-eiße hinführenden Steg zur Abholung hingesetzt 
ward, eine Semmel hineingelegt. Dies freundschaftlich nachbarliche 
Verhältnis dauerte lange Zeit fort, bis einstmals jemand die Dank- 
seemmel aus der Pfanne und eine Unreinlichkeit dafür hineingetan 
hat. Als in der Folge das Städtchen Ostritz in Besitz von Turm- 
glochen gelangte, und die Feensmännel besonders den Ton der 
großen Glocke nicht vertragen konnten, haben sie den Berg ge- 
meinsam verlassen, und ihren Weg durch die Altstadt von Ostritz, 
mithin von Osten nach Westen zu genommen; ihre Häupter sind bei 
diesem Zuge mit Melkgelten bedecht gewesen. NAoch zeigt man einen 
Weg zwischen zwei Häusern, den sie einschlugen. Oft wird von den 
dortigen Einwohnern ihrer gesprächsweise gedacht, und z. B. von 
jemandem in sehr Rurzen Kleidern gesagt: er geht wie ein Feens- 
männel, u. dgl. Im Augenblickh der Sakramentswandlung in der 
Christnacht öffnet sich der Berg, dann sieht man eine Schar kleiner 
Alännchen (nach anderen Greise mit langen weißen Bärten) in 
kurzen Kleidern in großen Goldhaufen wühlen, die dem dorthin 
verschlagenen Wanderer mit eintöniger Stimme zurufen: „Greif einen 
Griff und streich einen Strich und pache dich!“ Wem nun das 
Glück wohl will, daß er gerade in diesem Augenblicke dahin Rkommt, 
der kann sich so viel von den dort aufgetürmten Goldhaufen nehmen, 
als er mit einem Griff fortbringen kann, aber ja nicht mehr. (Vgl. 
Ar. 276, 1.) 
Meiche, Sagenbuch. 22
	        
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