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457. Das Holzweibel belohnt eine hilfreiche Magd.
Cl. König, A. Laus. Mag. 1886, S. 65.
In Berthelsdorf wohnte eine Frau, die einst, als sie von
ANeukirch nach Hause ging, in ihrer Jugend einem Holzweiblein be-
gegnet war. Das Mütterlein bat: „Rämme mich!“ Und die Magd
Rkämmte und flocht ihm das Haar. Dann sprach es: „Hilf mir
etwas Holz lesen!“ Willig ging die Alagd darauf ein. Als die
Hoche groß genug war, nahm sie dieselbe auf den Rüchen und
trug sie bis an den Kreuzweg, wo das Holzweiblein den Reisig-
bund nahm und nach dem Berge hinging. Zuvor aber sprach es:
„Als Lohn für deine Dienste kann ich dir nichts weiter geben als
die Blätter, die ich bis hierher von den Sträuchern abgestreift habe.
Aimm sie als Futter für deine Ziege!“ Dabei schüttelte das Mütterchen.
der Magd das Laub in die Schürze. Schnell lief die Magd da-
von, um noch zum Füttern zurecht zu kommen. Da die Blätter
sie im Laufe hinderten, so schüttete sie dieselben weg und lief eilends
nach Hause. Als sie das Schürzenband löste, fiel etwas hellklingend
auf die Dielen; sie hob es auf; es war das einzige Blatt, das
daran hängen geblieben; es hatte sich in Gold verwandelt. Kaum
war abgefüttert, so lief die Magd nach dem Walde zurüch, um das
weggeworfene Laub zu holen. Sie war so glücklich, dasselbe zu
finden; mit Freuden trug sie es nach Hause, und ihre Hoffnung, nun
recht reich zu werden, ging — nicht in Erfüllung; denn die Blätter
blieben wertloses Laub.
458. Die grauen Männchen am Hohwalde.
Cl. König, AM. Lauf. Mag. 1886, S. 65.
Viele Leute sind den grauen Männchen begegnet, als sie am
Kreuzwege saßen und spannen oder Strümpfe stopften, oder als sie
dürre Reiser lasen oder mit einer Hocke Holz auf dem Rüchken daher-
kamen. Charakteristisch bleibt es, daß sie stets einzeln, stets am hellen
Tage und immer fleißig erscheinen. Alle sind alt, häßlich und zu-
sammengeschrumpft. Oft erbitten sie sich kleine Dienste, zumeist um
ihre Eitelbeit zu befriedigen. Jede Gefälligheit belohnen sie. Immer