Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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461. Holzweibchen in der Zittauer Gegend. 
Gräße, Bd. II, Ar. 806; Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Bd. J, S. 41, 43; 
Gräve, S. 56ff.; Preusker, Blicke in die vaterländische Vorzeit, Leipzig 
1845, Bd. L, S. 52 ff. (nach Pescheck bei Büsching, 8Bd. I, S. 147 ff.); 
Seidemann, Gesch. von Eschdorf, S. 50 ff. 
In der Zittauer Gegend bei Hainewalde, Dittersbach, Groß- 
schönau, Cunnersdorf, Oderwitz erblicht man oft das Holzweibchen, 
das in der Gestalt einer kleinen zusammengeschrumpften alten Frau 
mit runzligem Gesichte, eine Hoche Holz in einem Korbe auf dem 
Rückhen oder Reisholz in der Schürze tragend, auf einen Stock ge- 
stützt einherwandelt, oder an Kreuzwegen spinnend oder strichend 
im Busche sitzt. Wer es häßlich nennt oder gar verspottet, den 
haucht es an, wovon er Beulen oder Geschwüre im Gesichte be- 
kommt, oder hockt ihm, wenn er sich entfernt hat, auf, wovon er 
lahm wird. Wer es aber lobt oder ihm gar Geschenke reicht, dem 
vergilt es solche wiederum, schenkt ihm Gespinste oder Strichwaren, 
welche sich wunderbar vermehren und Glück und Segen ins Haus 
bringen. Zuweilen sieht man auch ein verwimmertes Männchen 
Holz auf dem Rücken tragen, und wenn es die Holzhauer unter- 
stützen wollen, ertönt ein schallendes Gelächter, und die Armen be- 
finden sich im Sumpfe. Diesem schlägt die Axt vom Helm, jenem 
zerspringt das Sägeblatt usw. 
Einst hütete eine Kuhhirtin am Buschrande das Vieh und 
spann. Da bittet ein Buschweibchen, sie zu Kämmen und zu lausen, 
wofür sie ihr auch eine Spille voll spinnen wolle: beides geschieht. 
Als nun des Abends die Hirtin das Garn abweift und ein Strähn, 
ein zweiter, ein dritter geweift und noch mehr vorhanden ist, ruft 
sie aus: „Den Donner, das hat auch gar kein Ende!“ und siehe da, 
die Unverständige hatte ihren Lohn weg, denn das Garn ging bald 
auf. Uberhaupt durfte man bei solchen öfters als Geschenk von 
ihnen gewährten Knäulen nicht das Ende aufsuchen, weil es dann 
bald zu finden war, während der Knaul, ohne daß darnach geforscht 
wurde, fortwährend aushielt. Ein gleicher Dienst wurde von einem 
anderen Buschweibchen durch eine Schürze voll Laub belohnt, doch 
als die Hirtin dieses als unnütz weggeworfen hat und, nach Hause 
gekommen, an ihrer Schürze noch ein Goldstück bemerkt, sieht sie 
ein, was sie wegwarf, konnte aber das Weggeworfene nicht wieder- 
finden. Ein Bauer aus Spitzkunnersdorf acherte einst gegen Abend
	        
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