Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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497. Die Nixen vom Schwarzteiche bei Ober-Putzkau. 
Pilk im „Sächsischen Erzähler“ (Bischofswerda), Belletristische Beilage 
vom 6. Januar 1893. 
Im Schwarzteiche wohnte einst ein Wassermann mit seinen 
zwei lieblichen Töchtern. Diese mischten sich gern und oft unter 
die fröhliche Jugend der umliegenden Dörfer. Jedermann kannte 
die schönen Aixen an dem stets feuchten Saume ihrer Kleider. Oft 
wandelten sie nach ihrem Lieblingsplätzchen, einem Steinblocke mit 
ausgehöhltem Doppelsitze am Klosterberge bei Demitz, der noch lange 
„der Jungfrauenstuhl“ genannt wurde. Dort verweilten sie mit- 
unter stundenlang, den Blich in die blaue Ferne gerichtet, und 
wenn die Nonnen von Marienstern an dem Tage des Jahres, wo 
dieselben gemeinschaftlich den Klosterberg aufsuchten, um sich lust- 
wandelnd daselbst zu ergehen, an ihnen vorüberzogen, so erhoben 
sich die Migen ehrerbietig von den Sitzen. Sonntags abends tanzten 
sie mit den Jünglingen, waren aber stets vor Militternacht ver- 
schwunden. Einstmals erschienen sie wiederum auf dem Tanzboden 
zu Staupitz. Da verabredeten einige Burschen, sie länger als sonst 
zurüchzuhalten. Als die Wassertöchter unbemerkt zur Tür hinaus- 
schlüpfen wollten, vertrat man ihnen den Weg. Lange fanden ihre 
Bitten kein Gehör. Endlich malte sich bange Furcht in ihren 
schönen Zügen. „Laßt uns hinaus“", flehten sie, „es ist heute Oster- 
nacht, und wenn wir das Wasser nach Mitternacht berühren, so ist 
es unser Unglückl!“ „Ostern ist ja längst vorüber“, riefen die 
Burschen. „Nicht doch", antworteten die Aixen, „heute ist die rechte 
wahre Osternacht, die ihr unwissenden Menschenkinder nicht kennt.“ 
Geht hinunter in den Stall und seht, wie unruhig die Tiere sind, 
von deren Geschlechte eins ehedem den Gottessohn seinen Leiden 
entgegentrug. Seht den Eseltreiber dabei sitzen, wie er seine Hände 
fromm zum Gebet faltet: er erkennt an dem Gebaren seiner Tiere, 
daß heute die rechte Osternacht ist. Laßt uns ziehn!“ Da willigten 
die Jünglinge endlich ein. Zwei derselben folgten neugierig den 
Jungfrauen, die in fliegender Hast dem Schwarzteich zueilten. Schon 
kam den Heimkehrenden der alte Aix entgegengewandelt und nahm 
die Töchter in Empfang. Am Ufer des Teiches angelangt, erhob 
das eine Mädchen eine Gerte und schlug damit kRreuzweise über das 
Wasser, welches sich sogleich teilte. Ehe aber noch die erste den
	        
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