Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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der Wassermann und überredete sie, daß sie endlich in die Ehe mit 
ihm willige. Sogleich führte er sie nach dem Bache. Das Wasser 
teilte sich vor ihnen, und auf einem mit grünem Schilf bewachsenen 
Pfade begaben sie sich in ein schönes unterirdisches Schloß. Dort 
befand sich die junge Wasserfrau wohl und gebar ihrem Mlanne 
mit der Zeit sieben Söhnlein. Als sie aber das siebente in der 
Wiege schaukelte und ihm alte wendische Liedchen dabei vorsang, 
erinnerte sie sich an ihre jungen Genossinnen, an Eltern und an 
Schwestern, und ihr Kam das Heimweh an. Da bat sie den Wasser- 
mann innig, ob sie nächsten Sonntag einmal in die Kirche gehen 
dürfte. Nach langem Bitten willigte der Wassermann darein, doch 
verbot er ihr mit teuflischem Drohen, daß sie auf dem Gange da 
und dort niemanden grüßen, mit niemandem sich unterhalten, in 
der Kirche nicht niederknien und Rein Vaterunser beten sollte. Ihm 
dies versprechend, ging die Frau zur Kirche. Jedoch als sie auf 
die schöne Erde kam, das herrliche Land ringsum sich beschaute, 
welches sie so lange nicht mehr gesehen hatte, und dazu noch alte 
bekannte Gefährtinnen traf, vergaß sie alle Versprechungen. Aus 
der Kirche gehend eilte sie heim. Da gedachte sie ihrer Ubertretung 
und es ward ihr bange ums Herz; am liebsten wäre sie nicht mehr 
zurückgekehrt, doch konnte sie ihre sieben Kindlein im Herzen nicht 
vergessen. Daher ging sie mannhaftig ins Wasser. Als sie heim- 
Rkam, hatte der Wassermann in seiner teuflischen Bosheit schon sechs 
Söhnen die Köpflein umgedreht und gerade riß er den siebenten 
aus der Wiege. Diesem erhielt die Mutter mit ihrem angstvollen 
Bitten das Leben, doch ist sie nie mehr auf die Oberwelt gekommen. 
Ihr Weinen aber um jene sechs RKindlein hören die Leute oft, wenn 
sie am Bache nachts vorbeigehen. 
513. Der Gemeindestein. 
Casopis M. S. 1894, S. 103 ff. 
Nahe bei Miltiz steht ein Stein, ungefähr acht oder neun 
Ellen hoch, welcher die Gestalt eines sitzenden Frosches hat. Die 
Miltizer nennen ihn „Frosch“ oder „Gemeindestein“, weil er sich 
auf Gemeindegrund befindet. Nach alter Erzählung hat dieser Stein
	        
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