— 434 —
574. Der Flins bei Bautzen.
Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Bd. J, S. 7 ff.; mündliche Mitteilungen
von Dr. Pilk.
Eine halbe Stunde von Budissin spreeabwärts, wo sich das
Tal verengt und graue Granitfelsen mit grünem Gebüsch anmutig
abwechseln, beim Dorfe Oehna, an einem steilen Felsabhange, stand
einst das Götzenbild des slawischen Gottes Flins, und noch heute nennt
das Volk die Stelle „beim Abgott"“. Ein altes wendisches Volkslied
hebt an: Flins, der du stehst bei Bautzen, —
Hoch über dem Spreegewässer.
Lange Zeit war dieser Flech den Wenden furchtbar, und noch immer
erzählen die alte Großmutter und der ergraute Großvater dem
jungen Volke, wie der goldene Abgott in dem tiefen Wassergrunde
liegt und jedes Jahr eines Mienschen Leben fordert, wie dort um
den grauen Felsen in finsteren Aächten toter Wenden Geister spuken
und wilde Stürme in den alten Linden toben und die Blätter in
die Spree schütteln.
Das Wasser aber geht unter dem Felsen weg in große Höhlen
und Schluchten, wo unermeßliche Schätze liegen, und schon mancher
hat danach zu tauchen versucht, doch alle Zeit ohne Erfolg.
An bestimmten Tagen wallfahrten die Umwohner noch heute
„zum Abgott“, wenn auch nur als Spaziergänger.
575. Czorneboh und Bieleboh.
Aasch Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Bd. I, S. 7.
Czorneboh und Bieleboh (d. h. der schwarze und der weiße
Gott) waren zwei Hauptgötter der Lausitzischen Sorbenwenden, und
jener war ein böser, dieser aber ein guter Geist. Darum haben sie
auch dem Czorneboh grausame Mienschenopfer gebracht. Auf einem
Berge südöstlich von Budissin (bei Wuischke), der noch heute Czorneboh
heißt, wurde er angebetet. Der nordwestliche Teil des Höhenzuges
bildet eigentlich einen zweiten, aus großen Felsblöcken bestehenden
Berg, der der Frageberg (Praschowa hora) heißt. Denn hier wohnten
die Priester. Die weissagten dem Volke und wußten auf jede Frage