I. Der Teufel.
576. Die Teufelskammer in der Pfarre zu Brambach. V
Gräße, Bd. II, Ar. 703, nach Julius Schanz; metrisch behandelt von
Fr. Rödiger.
In die Pfarre zu Brambach kam einst um die Mitternacht
durch den Schlot der Teufel hereingefahren und frug nach dem
Pfarrherrn. Die alte treue Magd meldete dem Pfarrer diese Kunde,
und der befahl, den Teufel nur zu ihm hereinzuführen. Der Schwarze
setzte sich ungeniert an sein Bett, wie wenn er in seinem alten Groß—
vaterstuhl in der Hölle säße, und begann mit dem Pfarrer ein langes
Examen. Dieser aber hatte das Herz auf dem rechten Flecke und
wußte dem Teufel trefflich zu antworten, der immer neue Spitz—
findigkeiten zutage brachte. Zuletzt frug er: „Wie lehrt man in
Deutschland am besten das Christentum?“ — Diese Frage machte
dem Pfarrer doch einiges Bedenken; er sann hin und her, und der
Böse freute sich schon seines Sieges. „Kannst du mir auf diese
Frage nicht Rede stehen, so ist diese Kammer mein Eigentum, und
kein Alensch soll sie ohne Zagen betreten!“
Die Gedanken des Pfarrers verwirrten sich immer mehr, und
es litt ihn nicht mehr am Orte; er mußte sein Schlafgemach ver-
lassen und konnte bis an sein Ende nie wieder darin schlafen.
Die Geschichte ward bald ruchbar im Lande, und es wollte
sich nach des Pfarrers Tode niemand zur Verwaltung seines Pfarr-
amts finden lassen, als zu Wittenberg Luther mit seinen 95 neuen
Thesen auftrat und viele deutsche Stämme seiner Lehre zufielen.
Auch die Bewohner von Brambach, die unterdessen einen jugend-
lichen Seelenhirten gefunden hatten, neigten sich zu der neuen Lehre
hin, welche ihnen der rüstige Pfarrer mit seinen Worten erklärte.