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gangbar, welches zu den hervorragendsten der damaligen Zeit ge—
hörte und in seinen Anfängen vielleicht bis in die Zeit der Gründung
Freibergs zurückreichte. Wie aber alles in der Welt der Vergäng—
lichkeit zum Opfer fällt, so waren auch die Tage dieser Grube ge—
zählt, denn schon vor Jahrhunderten kam sie zum Erliegen, wie
manche ihrer Genossinnen, und die Ausbeute der Gewerken ver—
wandelte sich in Zubuße. Wodurch nun der Turmhof zum Erliegen
gekommen, darüber gibt folgende Sage Aufschluß.
Eine wichtige Person bei der Grube war der Kunststeiger
Heinrich; er verstand das Maschinenwesen wie keiner, das aber
wußte er auch und ließ sich deshalb von niemand in sein Fach
hineinreden, nicht einmal vom Obersteiger, der doch sein Vorgesetzter
war. Deshalb gab es auch mancherlei Zwiespalt zwischen den beiden,
und mit der Zeit hatte sich eine Feindschaft herausgebildet, die nament—
lich dem Obersteiger seine Stellung sehr verleidete. Der Kunststeiger
war bekannt und gefürchtet wegen seines abstoßenden Charakters.
Neid, Habsucht, Rachetrieb, Streitsucht, namentlich beim Kartenspiel,
dem er absonderlich zugetan war, und sonstige üble Eigenschaften
hafteten an ihm und brachten ihn fortwährend in Händel mit seiner
Umgebung. Auch erzählte man sich von ihm, daß er einen Pakt
mit dem Teufel geschlossen habe. Dieser Kunststeiger hatte nun
einen Sohn mit Aamen Veit, einen muntern, freundlichen und fried—
liebenden Jüngling mit bravem, rechtschaffenem Herzen, der ebenfalls
dem Bergmannsstande angehörte und auf dem Turmhofe anfuhr.
Sein Vater, obschon ein rauher und harter Mann, war ihm doch
mit wahrhaft abgöttischer Liebe zugetan.
Auch der Obersteiger Gebhardt vom Turmhof hatte ein Kind
und zwar ein vielumworbenes hübsches Töchterchen, welches Johanna
hieß. Alle Bemühungen um ihre Hand wurden aber von Johanna
zurüchgewiesen, denn sie hatte sich bereits mit des Kunststeigers
Sohn Veit heimlich verlobt, und wenn letzterer die ihm bereits ver-
heißene Anstellung als Untersteiger erhalten haben würde, wollten
sie Hochzeit machen, falls ihre Väter (die Mütter waren bereits ge-
storben) nichts dagegen hätten. Der Obersteiger erfuhr auch sehr
bald aus dem Munde seiner Tochter, wie die Sache stand, und
seine Bedenken wurden durch die Tränen und Bitten der Tochter
und im Hinblich auf Beits bergmännische Tüchtigkeit und untadel-
hafte Aufführung endlich beseitigt.
Meiche, Sagenbuch. 29