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Anders war es bei dem alten Kunststeiger. Derselbe grollte
mit dem Obersteiger fort und trachtete darnach, ihm Schaden
zuzufügen. Dazu sollte ihm das unlängst geschlossene Bündnis mit
dem Teufel helfen. Für die Dienste, welche ihm letzterer zu gewähren
versprochen hatte, sollte ihm der Kunststeiger Heinrich alljährlich die
Seele eines Menschen liefern, und zwar sollte es jederzeit derjenige
ein, welcher am letzten Tage des Jahres der letzte beim Ausfahren
aus der Grube Turmhof wäre. — Wieder war der letzte Tag des Jahres
erschienen, an welchem nach dem Vertrage der Plan des bösen Kunst—
steigers zur Ausführung kommen mußte. Die Schichtzeit war ab—
gelaufen, die Zeit zum Ausfahren gekommen. Die sämtliche Mann—
schaft befand sich auf der Fahrt; der Obersteiger war vom Kunststeiger
durch irgend einen Vorwand in der Grube zurückgehalten worden.
Jetzt kamen sie zum Schachte; da bestieg der Kunststeiger schnell die
Fahrt und gab vor, dem Obersteiger beim Hinausfahren das Offnen
des Schachtdeckels ersparen zu wollen. So gelangte der Obersteiger
als der letzte zum Ausfahren.
Der Himmel aber fügte es, daß der Kunststeiger dennoch eine
falsche Rechnung gemacht hatte. Sein eigener Sohn Veit war, un—
bemerkt von ihm, noch in der Grube zurückgeblieben. So wurde
dieser nun derjenige, der zuletzt zum Ausfahren kam; — aber er
hat das Tageslicht nicht mehr gesehen, und keines Menschen Auge
erblickte den Unglücklichen jemals wieder. Der Teufel lauerte seinem
Opfer auf und stürzte es rücklings in die grausige Tiefe. Als der
Kunststeiger seinen Feind, den Obersteiger Gebhardt, rüstig und
ohne Fährlichkeit Sprosse um Sprosse hinter sich nachfahren sah,
mochte er sich wohl wundern, daß der Satan sich nicht des letzteren
bemächtigte. Mit Unwillen und Staunen bemerkte er, daß sein
Widersacher unbeschädigt nach ihm die Schachtkaue betrat. Als er
aber mit düster forschendem Bliche die Mannschaft überschaute und
unter ihr seinen Sohn Veit vermißte, da fiel es ihm wie Schuppen
von den Augen; der Teufel hatte ihn um das Liebste, für welches
sein verknöchertes Herz noch Gefühl gehegt, betrogen. Bewußtlos
sank er zusammen.
Die Abwesenheit Beits war bald bemerkt worden; man
wunderte sich über sein Außenbleiben. Da erhob sich der endlich
zum Bewußtsein gekommene Kunststeiger mit irrem Bliche. Hastig
schrie er: „Ich will sehen, wo mein Sohn geblieben ist!“" Dann