Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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594. Der Scheunenbau bei Mittweida. 
Mitgeteilt von H. Lommatzsch, Zwickau. 
Unweit von Mittweida, hoch oben am Rande des Zschopau— 
tales, hatte sich ein armer Bauer angesiedelt. Durch anhaltenden 
Fleiß und große Umsicht hatte er sein Gut nach und nach recht 
ertragsfähig gemacht. Wieder einmal gab es Aussicht auf eine ge- 
winnbringende Ernte. Aur fehlte es noch immer an einer Scheune, 
um den Erntesegen unterzubringen; doch konnte der Bauer vor- 
läufig noch nicht daran denken, eine solche zu bauen. Er hatte, 
während er allerhand Pläne in seinem Hirn umwälzte, nicht be- 
merkt, daß sich ihm jemand näherte. Er erschrak darum heftig, 
als ihn jemand anredete, was ihn bedrücke; besonders auch, weil 
die Stimme einen so sonderbaren Klang hatte. Es war aber nie- 
mand anders als der Gottseibeiuns. Der Teufel wußte unsern 
Bauern durch große Liebenswürdigkeit zu beruhigen und ihn zu 
einer Aussprache über das, was ihn drückte, zu veranlassen. Da 
versprach ihm jener seine Hilfe und den Bau einer schönen Scheune, 
wenn er sein Freund werden wolle. Der Bauer zweifelte zwar an 
des Teufels großer Uneigennützigkeit, aber dieser wußte ihm all 
sein Mißtrauen auszureden. Der Bauer nahm seinen Vorschlag an, 
und der Teufel verpflichtete sich, bis zum andern Morgen, ehe der 
Hahn dreimal krähte, eine große Scheune zu bauen. Als der Abend 
herannahte, wurde es lebendig. Hunderte von Teufel nahmen den 
Scheunenbau in Angriff. Mlanche brachten gewaltige Steine her- 
bei, andere Kalk, andere Sand, und wieder andere setzten und 
fügten die Steine zusammen; nach Mlitternacht waren so die Mauern 
schon fertig. Bei dem höllischen Treiben und dem schnellen Fort- 
schritt des Baues wurde es dem Bauer ganz unheimlich zumute, 
und er bereute von Herzen, daß er den Einflüsterungen des Bösen 
Gehör gegeben hatte. Er ging in sein Haus, fiel auf die Knie 
und betete inbrünstig zu Gott, er möge ihm seine schwere Sünde 
verzeihen und ihm vom Teufel helfen. Beim Gebete hkam ihm der 
Gedanke, in den Stall zu gehen und dort den Haushahn zu wechen. 
Gedacht, getan; im Stalle klopfte er auf seinen Lederschurz, und 
wirklich erwachte der Hahn und krähte einmal. Der Bauer wieder- 
holte das noch zweimal, so daß der Hahn wirklich dreimal gekräht 
hatte, ehe der Scheunenbau beendet war. Darob geriet der Teufel
	        
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