Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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So verstrich die Frist, die ihm der Ritter gegeben, und ihm 
bangte vor seiner Ankunft. Was sollte er ihm sagen? Womit 
sich entschuldigen? 
Es war am Tage vor dem Ablauf der Frist. Da klopfte es 
um Mitternacht ans Tor; der Schmied äöffnete, aber nicht der Ritter 
trat herein, sondern ein wandernder Schmiedeknecht, der den Meister 
höflich um ein Aachtquartier bat. „Komm' nur herein“, sagte der 
Schmied, ordentlich froh, daß es ein Handwerksgenosse war, dem 
er sein Mißgeschick klagen konnte. Der Fremde war ein struppiger 
Kerl mit unheimlichen Augen und hinkend, wie mancher Schmied; 
aber er rühmte seine Geschicklichkeit und versprach dem Meister 
seine Hilfe. Den andern Morgen machte sich der Gesell an die 
Arbeit. Der Meister drückte den Blasebalg, die Funken stoben nur 
so, der Hammer flog mit einer wunderbaren Geschwindigkeit auf 
und ab, und ehe der Abend graute war die Rüstung fix und fertig. 
Des andern Tages kam der Ritter, lobte das Meisterstück und be— 
zahlte es mit klingenden Goldstücken. Als nun auch der Fremde 
sich zum Abmarsch anschickte, fragte ihn der Meister nach seinem 
schuldigen Lohne. Aber der Gast wollte nichts nehmen und bat 
sich nur ein Blatt Papier mit seiner Namensunterschrift aus — 
zum Andenken, wie er grinsend hinzufügte. 
Treuherzig entgegnete der Schmied, daß er leider keine Tinte 
im Hause habe. „Tut nichts“, war die Antwort, „ein Ritzlein in 
die Haut und ein Tröpflein Blut tut's auch.“ 
Da erschrak der Schmied. Der Gedanke an Hölle und Selig- 
keit durchbebte ihn. „-Aehmt all das Gold", rief er, „im Namen 
Jesu, ich unterzeichne nicht!" Kaum hatte der Meister den heiligen 
ANamen ausgesprochen, da verwandelte sich der Gesell in einen 
großen Raben und flog schauderhaft krächzend durch den Schorn- 
stein von dannen. Der fromme Mieister aber fiel auf seine Knie 
und dankte Gott, daß er seine Seele gerettet. 
Aber was geschieht? Binnen Rurzer Zeit erhebt sich auf dem 
gegenüberliegenden Berge eine neue Schmiede, zum Gründonnerstag 
wird sie fertig, und schon Karfreitag schallen dröhnende Hammer- 
schläge daraus hervor. Der neue Schmied aber war niemand 
anders als der wandernde Gesell. Sonntag und Werteltag arbeitete 
nun also dort der Teufel und verstand seine Sache so gut, daß er 
dem frommen Schmied die sämtliche Kundschaft verdarb, so daß er
	        
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