Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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bewohnt. — Einmal kam ein Armer in das Häuschen und sagte: 
„Helfe Gott dem, welcher in diesem Hause weilt!“ — „Was willst 
du?“ antwortete ihm der Schwarze. „Ich bin arm und weiß nicht, 
wo ich zur Miete wohnen soll“, Klagte der Arme dem Schwarzen. 
„Bleib hier"“, sagte der Schwarze, „befiehl nur deiner Frau, daß 
sie jeden Sonnabend die Stube wohl reinigt und auf die Kinder 
achtgibt, daß sie nicht auf den Ofen kriechen.“ Darauf ließ sich 
der Arme im Häuschen nieder und lebte zufrieden mit seiner 
Familie darin. Die Frau tat getreulich, was ihr der Schwarze 
geboten hatte: sie reinigte jeden Sonnabend die Stube und achtete 
streng darauf, daß die Kinder nicht zum Ofen kamen. So ging 
alles gut, jedoch reicher wurde der Arme nicht, als er früher war. 
Unterdessen war der Winter genaht; der Vater hatte keine Arbeit 
mehr, und die N-ot wurde täglich größer. Einst saßen alle bei- 
sammen beim Abendessen und aßen die letzten Kartoffeln — trochen 
mit Salz. Sie klagten einander ihre Not und Armut. Der 
Schwarze, dies vernehmend, kroch heimlich ohne alles Geräusch und 
allen unsichtbar aus dem Ofen, trat zum Vater und flüsterte ihm 
ins Ohr: „Sei Weihnachten nachts 12 Uhr am Schinder= (Scharf- 
richter-) teiche, rode die größte Eiche aus und grabe unter ihr ein 
Loch, drei Ellen tief. Dann wird deiner Armut abgeholfen sein. 
Jedoch schweige und verrate es niemandem!“ Weihnachten war 
gekommen. Der Arme eilte, niemandem etwas sagend, mit Beil, 
Hacke und Schaufel im tiefen Schnee nach dem Schinderteiche zu 
der größten Eiche. In Bautzen schlug es zwölf. Bald war die 
erste, zweite, dritte, letzte Wurzel ausgehacht. Die Eiche stürzte, 
darauf hachte und grub der Arme, daß die Erde nur so flog, und 
bald fand er einen Rhupfernen Kessel voller Goldstüchke. Damit eilte 
er heim, und eher als die Morgenröte emporstieg, war der Kessel 
mit den Goldstücken hinter seinem Häuschen in einer Kluft ver- 
borgen. Aun war aller Not abgeholfen, denn das Gold nahm 
nicht ab. Der Kessel blieb beständig voll. Die Frau aber gab 
nicht mehr auf die Kinder Achtung. Wenn es kalt war, traten sie 
um den Ofen zusammen, damit sie sich wärmten. Dies war dem 
Schwarzen ärgerlich. Am Abend, als alle beim Abendessen saßen, 
Kroch er aus dem Ofen, trat — allen unsichtbar — zum Vater und 
sagte: „Weißt du nicht, was ich dir geboten habe? Morgen müssen 
deine Kinder sterben.“ Am nächsten Morgen starben alle drei Kinder
	        
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