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Er verabschiedete sich, nachdem er sein Frühstück verzehrt, und
der Meister ließ nach seiner Rückkehr das Bier unbedenklich aus
den Kufen heraus und ging zu Bette. Als er aber am andern
Morgen an die Kufen trat, war das Bier gänzlich verschwunden
und mit Grausen gewahrte er, daß es über ihm, an Balken und
Dach, in langen, braunen Eiszapfen herabhing, mitten in der
Sonnenhitze also gefroren war. Das währte drei Monate lang,
bis ein kluger Mann den bösen Zauber bannte und das Bier
wieder herabträufelte.
644. Der kRkluge Kehr im Lohhaus bei Schilbach.
Mitgeteilt von Lehrer A. Zimmer in Raun.
Der alte Kehr, der im Lohhaus bei Schilbach hauste, konnte
mehr als Brot essen. Einst fand auf dem Schilbacher Schloß
(Rittergut) eine Jagdversammlung statt. „Werden wir heute wieder
was sehen, Kehr?" fragten manche. „Ja, wenn ihr wos sähe wöllt“,
erwiderte der alte Jäger — „gucht a mol zon Fenster naus!“ —
Da schauten drei prächtige Hirsche neugierig zur Stube herein.
645. Pumphut in der Burkhardtsmühle. "
Gräße, Bd. II, Ar. 672; auch bei Bechstein, S. 478; metrisch behandelt
von E. Hager, II, S. 8 ff.
Es mag wohl schon lange her sein, als im Vogtlande ein
alter Müllerbursche, mit Namen Pumphut, lebte, der dem Wasser
nach von Mühle zu Mühle ging. Wo es ihm gefallen mochte, da
blieb er, und für ein Glas Branntwein und ein Stück Brot machte
er zur Ergötzung der Müllersleute und ihrer Nachbarn viel lose
Schwänke und spaßige Dinge. Wo man ihn gut aufnahm, da
ging er mit zufriedener Miene fort; wo sie ihm aber schlechte Kost
vorsetzten oder ihn gar hungrig gehen ließen, da spielte er oft den
Leuten arg mit.