Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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wurde, auf welchem etwas wie eine Karbatsche gestaltet lag. Diese 
Peitsche schien sich zu bewegen. Darauf sah er auf der Lade einen 
halben Bogen Papier mit schwarzen Strichen eingefaßt und in— 
wendig rot beschrieben. Anbei fand er auch eine geschnittene Trut— 
hahnfeder. Das graue Männlein aber, welches ihm erschienen, hatte 
ein langes Buch oder Register unter den Armen. Zu gleicher Zeit 
fiel ein Tropfen Wasser von dem Gewölbe auf seine Hand, davon 
ihm dieselbe erkaltete und ein großer Blutstropfen auf derselben sich 
zeigte. Als er nun diese Feder ergriffen und den Tropfen Blutes 
darin gefaßt hatte, und nunmehro seinen Namen auf das Papier 
schreiben wollte, hörte er jemand mit starken Schritten die Keller- 
treppe hinabgehen. Er erschricht darüber nicht wenig und läßt bei 
Formierung des andern Buchstabens die Feder fallen, löscht das 
mittlere Licht aus, die zwei andern Lichter aber warf er in Eile 
in das im Keller gestandene Wasserfaß, löste geschwind die Zauber- 
zirtel auf und ging hinter sich an der Müauer weg zum Reller 
hinaus, traf aber, wie er da vermutete, keinen Menschen an. 
Indes war aber der andere Prozeß auch zu Ende. Mlerkwürdig 
aber war es dabei, daß über dem Auslöschen des mittleren Lichtes 
ein solcher mächtiger Rauchdampf in dem Keller entstand, als wenn 
ein Böttcher ein großes Faß zu pichen hätte. Zwei folgende Frei- 
tage wurde dieser Junge an ferneren Unternehmungen verhindert, 
einmal nämlich durch einen großen Schauer, welcher ihn auf der 
Kellertreppe plötzlich überfiel, das andere Mal aber durch den ein- 
gefallenen Bußtag, da ihn sein Mieister mit sich in die Kirche ge- 
nommen. Nach diesen Geschichten verfiel der Bösewicht in gottlose 
und abscheuliche Reden, verleugnete die christlichen Glaubensartikel 
und kRkam darüber in die Inguisition des Mieisters, seines Vaters 
und Beichtvaters, der gewiß viele Mühe mit ihm hatte. Bei solcher 
ihm unvermutet vorgefallenen Beränderung nahm er sein Beschwö- 
rungsbuch, zerriß es heimlich und verbrannte alle dahingehörigen 
Sachen. Endlich bekannte er in der größten Herzensangst und 
Bangigkeit alles, was er begangen, bekehrte sich von Herzen und 
ward schließlich durch den damaligen Superintendenten zum Nacht- 
mahl zugelassen." 
* Diese Sage hat Bechstein, deutsches Sagenbuch, Leipzig 1853, 
S. 507, modernisiert behandelt.
	        
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