— 514 —
hauer, den er, weil er vom Schlage gelähmt war, behandelte, eine
ehrsame fromme Witwe, so von schöner Gestalt war. Dieselbe hat
ihm gar sehr in die Augen gestochen und hat er auf Mittel und
Wege gesonnen, wie er sich ihrer bemächtigen könne. Er ist also
einmal zu ihr gegangen, hat sich für einen Wahrsager ausgegeben,
ihr in die Hände gesehen und ihr traurige, erschreckliche und er—
bärmliche Zufälle verkündigt. Dadurch ist die einfältige Frau in
große Furcht und Angst geraten und hat ihn flehentlich gebeten,
er wolle sie aus dieser Not erretten und ihr wieder zum Glücke
verhelfen. Dies hat er ihr auch zugesagt, wofern sie ihm in allem
unweigerlich und gehorsam Folge leisten wolle. Als sie nun solches
aufs heiligste versprochen, hat der höllische Bube der bezauberten
und verblendeten Frau befohlen, daß sie an einem heimlichen Orte
ihre Kleider ablegen und sich von ihm stäupen lasse. Da sie nun
diesem teufelischen Rate gefolgt, hat er sie recht henkerisch und un-
barmherzig gegeißelt und ihr nachher noch Unehrbares zugemutet,
worin das Weib auch eingewilligt. An solcher verübten Bosheit
hat er sich noch nicht begnügen lassen, sondern sie dahin gezwungen,
daß sie dem Herrn Christo absagte, also und dergestalt, daß sie hin-
fort nicht mehr an ihn glauben und ihm vertrauen wolle. Dies
ist geschehen an eben dem Tage, an welchem das elende Weib sich
zum heiligen Abendmahl verfüget und nach Christi Einsetzung das-
selbe genossen hatte. Da hat der greuliche Bösewicht ihr ein Pulver
oder etwas dergleichen zu trinken gegeben, damit sie die heilsame
Seelenspeise wieder von sich gebe und erbreche. Von dem Tage
und der Zeit an aber hat die arme, elende, hochbetrübte Witwe
greuliche unsägliche Marter und Plage sowohl am Leibe als im
Herzen und Gemüte gefühlt und schwere Anfechtung und vielfältigen
Kampf ausgestanden, in welchem sie am dritten Tage mit Tode
abgegangen und verblichen. Sie hat herzliche Reue und Leid über
solche begangene Sünde gehabt und ritterlich wider des Satans
feurige Pfeile und Anfechtungen mit dem lieben inbrünstigen Gebet
und dem lebendig machenden Trost der Heiligen Schrift gekämpft
und ist beständig bis ans Ende geblieben. Dieses hat ihr Bruder,
sobald sie aus diesem Jammertale abgeschieden, dem Rochlitzer
Superintendenten, ingleichen dem Bate entdeckt und offenbart. Der
Missetäter ist auf des Richters Befehl gefänglich angenommen, ins
Richthaus geführt und fleißig besucht worden. Da hat man bei