Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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muß dann in der Aacht des Neumonds dieselbe mittels einer Aadel 
oder eines Nagels an einen Baum stecken und mit über die Schulter 
gelegtem Rohre rüchwärts danach schießen. Würde er sich dabei 
umdrehen, so sähe er Christum am Kreuze hängend, wie des Er- 
lösers Menschengestalt wirklich ausgesehen habe. Ist der Freischuß 
gefallen, so Kann sich der Schütze jedes beliebige Ziel wünschen, er 
trifft es. Tiere oder Mienschen, selbst in weitester Ferne, die er be- 
zeichnet, strecht seine Kugel nieder. Diese Zaubermacht währt bis 
zum Tode des Freischützen. 
Einst hatte ein Mann aus Oberneukirch alles zum Freischuß 
vorbereitet, die geweihte Hostie an den Baum gestecht und das 
Gewehr geladen. Schon stand er abgekehrt von dem Gnaden- 
mittel und hatte das Rohr zum Rüchwärtsschießen über die Schulter 
gelegt, da befiel ihn, den sonst Furchtlosen, ein unheimliches Grausen, 
zumal sich plötzlich ein gräßlicher Sturm erhob, der die Wipfel der 
Bäume des Waldes fast bis zur Erde niederbog. Er konnte sich 
nicht bemeistern, ein wenig über die linke Schulter zurüchzublicken. 
Da sah er wirklich den Heiland mit der Dornenkrone am Kreuze, 
umflossen von einem hellen Strahlenschimmer. Schnell warf er die 
Büchse weg und eilte, so schnell ihn seine Füße trugen, von dannen. 
Er besserte seinen gottlosen Wandel und wurde von da ab der 
gläubigste Christ. 
727. Ahlburgs Begräbnis. 
Mitgeteilt von Dr. Pilk. 
Ahlburg, ein Ritter auf dem roten Hofe in Sohland an der 
Spree, sollte begraben werden, aber die Träger brachten ihn nicht 
fort. Da mußten sechs Henkersknechte kommen und ihn fortschaffen. 
Die sprachen, indem sie ihn aufhoben: 
„Wohlan und auf! 
Sechs Schelmen heben den siebenten auf!"“ 
und trugen ihn nach dem Kirchhofe. Aber schon wie er abgesungen 
wurde, sah er oben zum Fenster raus. Sein Geist wurde in den 
Hohberg verbannt. Eine Frau kam beim Suchen von BReisig in den 
Bannkreis und konnte nicht mehr heraus. Da mußte der Pfarrer
	        
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