Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 7 — 
Orte ein übermütiger junger Bursche; der wagte es eines Abends, 
als sie wieder, auf den Tisch gestützt, schlief, sie ziemlich derb anzu— 
stoßen. Wie erschraken alle Anwesenden, als statt ihrer Freundin 
die leeren Kleider in die Stube fielen! Da plötzlich klopfte es ängst- 
lich ans Fenster und draußen stand das bewußte Mädchen nackend 
und frierend und bat flehentlich um seine Kleidung. Es war näm- 
lich in diesem Zustande durch das Bansenloch auf die Tenne herab- 
gestürzt. 
3. Eine Magd erblickt ihren verreisten Herrn. 
Gräße, Rd. I, Nr. 84; J. Chr. Sickel, Nachrichten von Poltergeistern und 
gespenstischen Erscheinungen. Quedlinburg 1761. A. A. 80. Teil II, S. 74 ff. 
In einem in der Aähe von Meißen gelegenen Städtchen wohnte 
vor einiger Zeit ein Rechnungsführer, Namens Conradi. Ob nun 
gleich dieser Mann eines Tages in Geschäften für mehrere Tage 
nach Dresden verreist war, ist doch die Alagd in seine Stube ge- 
gangen, um daselbst aufzuräumen, damit er bei seiner Bückkehr 
alles in Ordnung fände. Beim Offnen der Stubentür sieht sie ihren 
Herrn am Tische im Schlafrocke sitzen und schreiben, erschricht aber 
bei solchem unverhofften Anbliche furchtbar und tritt sprachlos zurüchk, 
macht auch die Türe ganz leise zu und läuft die Treppe hinunter, 
um ihrer Frau die ihr zugestoßene Neuigkeit zu hinterbringen. Sie 
sagt also: ich habe gedacht, unser Herr wäre verreist, und kam hin- 
auf in die Stube und wollte solche auskehren, da saß er in seinem 
Schlafroche und schrieb. Die Hausfrau wunderte sich hierüber und 
sprach: du bist nicht klug, du weißt ja, daß mein Mann verreist 
und noch nicht wieder nach Hause gekommen ist! Die Alagd aber 
schwur dazu und sagte: ich werde ja wohl meinen Herrn kennen, 
er ist ganz gewiß oben und schreibt! Sie bittet dann die Hausfrau, 
eilends mit hinauf zu gehen, da werde sie ihn sehen. Diese tat es 
auch, ging mit hinauf, machte die Stube auf und sah hinein; da 
stand aber der leere Stuhl da und niemand saß darauf. Hierüber 
hat sich aber die Magd nicht genug wundern können, daß ihr Herr 
nicht mehr da war, da sie ihn doch vor kaum einer Biertelstunde 
an diesem Orte mit ihren Augen gesehen hatte.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.