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757. Der Bernsbacher Heilbrunn verliert seine Kraft.
Lehmann, Histor. Schauplatz, S. 243.
Das Geschrei vom Bernsbacher Heilbrunn entstand im Jahre
1684. Denn als die Kirchleute am 7. Sonntage nach Trinitatis
aus der Kirche nach Hause gehen, sehen sie ein Wasser, das mitten
im Wege ungewöhnlicherweise aufquillt. Das ungebändige Volk
lief zu und brauchte solchen Brunnen mehr zum Schaden als zu
seinem Frommen. Denn bei manchen unreinen Leibern blieb er
sitzen und machte große Ungelegenheit, etliche purgierte er heftig,
etliche gar nicht. Einigen machte er die blöden Augen klar, anderen
aber trübe. Es verschwand aber die heilsame Kraft samt dem
Brunnen, nachdem dabei viel Unfug getrieben worden war.
758. Die Perlenschoten zu Wiesenthal.
Gräße, Bd. J, Ar. 501; Lehmann, S. 481; Flader a. a. O., S. 234 ff.;
poetisch behandelt bei Segnitz, Bd. J, S. 173 ff.
Im Jahre 1626 kurz nach dem großen Sterben wohnte in
der ANeustadt in Wiesenthal ein gewisser Michael Rothdörfer, ein
Exulant von Luttitz in Böhmen, welcher mit Weib und sieben
Kindern den Religionsfeinden glücklich entronnen war. Sein Töchter-
lein von sieben Jahren hatte vom Schutthaufen eines ausgegrabenen
alten Kellers etliche Kapsamenstrünklein aufgelesen und in ihres
Vaters Garten gesteckt. Da nun solcher wohl fortgekommen und
gereift, nimmt sie die Schötchen ab und klopft sie aus, findet aber
mit Verwunderung weiße Körnchen, die sie, unwissend, was es sei,
dem Vater weist und spricht: „Je, Vater, sehet, was sind dies für
Blätterlein?“ Der Vater erkennt, daß es rechte Perlen sind, sucht
und findet sie in den Schötchen selbst, also daß nach je zwei Samen—
körnlein eine wahrhafte Perle lag, und so sammelten sie dieses
Samens und der Perlen ein Aäpfchen voll. Eine durchreisende
Gräfin von Haustein hat dieselben mit Verwunderung angesehen
und gefunden, daß es wahrhafte Perlen seien. Daher hat sie dem
Bater versprochen, wenn er einwilligen wolle, so wolle sie dieses
glückhselige Kind zu sich nehmen und ihm alle Güte widerfahren