Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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sah mitten aus dem Sande eine tulpenartige Blume von wunder— 
voller Farbenpracht und lieblichem Geruche hervorsprießen. Ein— 
gedenk des mütterlichen Befehls, in fremden Gärten nichts abzu— 
pflücken, eilte er zu seiner Mutter zurück, um ihr den Fund zu 
melden. Dieselbe, wohl wissend, daß aus dem unfruchtbaren Sande 
kein Gräschen, geschweige eine schöne Blume herauswachsen könne, 
ging gleichwohl mit ihm hin, allein die Blume war verschwunden. 
Später aber, als der Knabe heranwuchs, hörte er von Bewohnern 
der Umgegend, daß er die Glücksblume gesehen, und wenn er sie 
gepflückt, Herr über alle Schätze und Besitzer ewiger Jugend und 
Schönheit geworden wäre. Er hat die Blume nie vergessen, und 
treu hatte sie sich ihm ins Gedächtnis geprägt, daß er sie hätte 
malen können. Amtmann Köderitz aus Grimma erzählte (um 1860), 
er sei einst aus der Stadt auf dem Wege nach Hohnstädt am 
Tempelberge vorübergegangen und habe eine ähnliche Blume von 
unten aus auf der Mitte des Berges stehen sehen; er sei sofort 
heraufgestiegen, um sie zu pflüchen, habe sie aber nicht wieder 
finden können. 
779. Das blutende Brot zu Bochlitz. 
Thietmar von Mierseburg, VII, S. 51. 
Weil aber jegliches Seltene zu verwundern und wie Wunder- 
zeichen anzustaunen ist, so berichte ich einen Vorfall, der sich in 
unseren Zeiten ereignete (Anfang des 11. Jahrhunderts). Damals 
nämlich, als der durchlauchtigste König Heinrich schon herrschte, zur 
Zeit meines Amtsvorfahren Wicgbert, fiel auf einer Besitzung namens 
BVochlitz (Rotlizi), welche einst von der ehrwürdigen Frau Ida, der 
Schnur Ottos I., unserer Kirche übertragen und ein Lehen des Propstes 
Gezo war, folgendes vor, wie mir Gezo selbst in Wahrheit ver- 
sicherte. Als einstmals während einer mühevollen Ernte die er- 
müdeten Schnitter sich erholen wollten, sahen sie, wie ein eben an- 
geschnittenes Brot Blut vergoß. Verwundert zeigten sie das ihrem 
Herrn und ihren Nachbarn. Dies Wunderzeichen aber deutete, wie 
ich vermute, den Ausgang eines künftigen Krieges an, und daß in 
demselben viel Menschenblut werde vergossen werden.
	        
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