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g) Da es die Gewohnheit des heiligen Mannes war, um
nicht durch den ungeheuern Zulauf der Leute und ihre Verehrung
in Hoffart zu verfallen, sich zuweilen in die Einsamkeit zu begeben,
so zog er einst auch mit einem Kaplan in das Dorf Naumburg,
zwischen Grimma und Mügeln gelegen, und erbaute daselbst in der
Kirche eine Zelle, worin er mit seinem Diener in tiefer Beschaulich-
keit lange Zeit lebte. Des Nachts ging er vor das Dorf hinaus
spazieren und betete auf einem Ackher; und bis auf den heutigen
Tag soll da, wo er seinen Fuß hinsetzte, das Korn eher reif werden
und fetter und voller wachsen, als irgendwo anders. Wenn er aber
wollte, Konnte er, so erzählen sich die Einwohner daselbst, in Mleißen
zum Gottesdienst und zum Morgenessen doch wieder in ihrem
Dorfe sein. In der Kirche stand er aber noch zu Anfang des
16. Jahrhunderts zum ewigen Andenken mit Stab und Inful und
der Unterschrift Sanctus Benno abgebildet. — Auch das Dorf Göda
bei Bautzen war ein Lieblingsaufenthalt des Bischofs. Auch hier
geht die Legende im Volke um, daß längs der Feldraine, auf
denen der heilige Mann nach beendetem Gottesdienste in from
men Betrachtungen wandelte, das Getreide fruchtbarer empor-
sprieße und früher zur Reife gelange als irgendwo ringsumher
(Emser, c. 29.)
h) Markgraf Heinrich zu Mleißen, ein Anhänger Kaiser Hein-
richs IV., der 1097 wieder in den Besitz seiner Länder, die er durch
die Achtserklärung (1087) verloren hatte, gelangt war, suchte nicht
bloß die früher der Kirche geraubten Güter zu behalten, sondern
auch noch mehrere an sich zu ziehen und drückte die Armen, Witwen
und Waisen aufs äußerste. Da stellte ihn Benno einst ernstlich
darüber zur Rede, aber der Markgraf geriet in großen Zorn und
gab dem frommen Greis einen Backenstreich. Der Bischof aber tat
darauf weiter nichts, als daß er antwortete: „Diese Tat wird über
ein Jahr an demselben Tage gerochen werden!“ Dies Rkümmerte
den Mlarkgrafen wenig, vielmehr spottete er darüber; und als der
gedrohte Tag herangekommen war, da ließ er sich hochmütig ver-
nehmen, der Tag sei ja ohne allen ANachteil für ihn angebrochen.
Allein derselbe war noch nicht zu Ende, denn plötzlich erschien der
heilige Benno, der unterdessen gestorben war, dem Markgrafen mit
zornigen Gebärden; dieser aber erschrak sehr und rief die Seinen
zu Hilfe, allein vergebens, er stürzte zu Boden und starb. (Emser,