Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 644 — 
g) Da es die Gewohnheit des heiligen Mannes war, um 
nicht durch den ungeheuern Zulauf der Leute und ihre Verehrung 
in Hoffart zu verfallen, sich zuweilen in die Einsamkeit zu begeben, 
so zog er einst auch mit einem Kaplan in das Dorf Naumburg, 
zwischen Grimma und Mügeln gelegen, und erbaute daselbst in der 
Kirche eine Zelle, worin er mit seinem Diener in tiefer Beschaulich- 
keit lange Zeit lebte. Des Nachts ging er vor das Dorf hinaus 
spazieren und betete auf einem Ackher; und bis auf den heutigen 
Tag soll da, wo er seinen Fuß hinsetzte, das Korn eher reif werden 
und fetter und voller wachsen, als irgendwo anders. Wenn er aber 
wollte, Konnte er, so erzählen sich die Einwohner daselbst, in Mleißen 
zum Gottesdienst und zum Morgenessen doch wieder in ihrem 
Dorfe sein. In der Kirche stand er aber noch zu Anfang des 
16. Jahrhunderts zum ewigen Andenken mit Stab und Inful und 
der Unterschrift Sanctus Benno abgebildet. — Auch das Dorf Göda 
bei Bautzen war ein Lieblingsaufenthalt des Bischofs. Auch hier 
geht die Legende im Volke um, daß längs der Feldraine, auf 
denen der heilige Mann nach beendetem Gottesdienste in from 
men Betrachtungen wandelte, das Getreide fruchtbarer empor- 
sprieße und früher zur Reife gelange als irgendwo ringsumher 
(Emser, c. 29.) 
h) Markgraf Heinrich zu Mleißen, ein Anhänger Kaiser Hein- 
richs IV., der 1097 wieder in den Besitz seiner Länder, die er durch 
die Achtserklärung (1087) verloren hatte, gelangt war, suchte nicht 
bloß die früher der Kirche geraubten Güter zu behalten, sondern 
auch noch mehrere an sich zu ziehen und drückte die Armen, Witwen 
und Waisen aufs äußerste. Da stellte ihn Benno einst ernstlich 
darüber zur Rede, aber der Markgraf geriet in großen Zorn und 
gab dem frommen Greis einen Backenstreich. Der Bischof aber tat 
darauf weiter nichts, als daß er antwortete: „Diese Tat wird über 
ein Jahr an demselben Tage gerochen werden!“ Dies Rkümmerte 
den Mlarkgrafen wenig, vielmehr spottete er darüber; und als der 
gedrohte Tag herangekommen war, da ließ er sich hochmütig ver- 
nehmen, der Tag sei ja ohne allen ANachteil für ihn angebrochen. 
Allein derselbe war noch nicht zu Ende, denn plötzlich erschien der 
heilige Benno, der unterdessen gestorben war, dem Markgrafen mit 
zornigen Gebärden; dieser aber erschrak sehr und rief die Seinen 
zu Hilfe, allein vergebens, er stürzte zu Boden und starb. (Emser,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.