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Ryhel, Pfarrer in Wiesental, hatte einen Zeilanderstrauch in seinen
Pfarrhof gepflanzt, der trefflich grünte, und im Frühjahr, da ge—
nannter Pfarrer starb, schon im April ausgeschlagen war. Sobald
der Pfarrer krank wurde, fing der Strauch an sichtlich zu verdorren;
darauf starb der Pfarrer.
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11. Sterbenden und Toten muß ihr Wunsch erfüllt werden.
Mündlich.
Vor vielen Jahren nahte der Todesengel einem Kindlein in
dem Orte Saupedorf; in seiner letzten Not verlangte das Kind nach
einem kühlenden Trunke, der ihm aber aus irgend einem Grunde
versagt wurde. Da erschien bald nach seinem Abscheiden eine weiße
Taube und setzte sich eine Zeitlang auf den Kachelofen in der
Wohnstube. Als die darüber höchst bestürzten Hinterbliebenen den
Pastor des Nachbarortes um NRat fragten, riet ihnen dieser, dem
Vogel bei seiner Wiederkehr eine Schale mit frischem Wasser hinzu-
setzen. Und wirklich trank die Taube, als sie am anderen Tage
wiederkam, mit großer Gier den Aapf leer und ward nicht mehr
gesehen.
In demselben Dorfe hatte man einst vergessen, einer reichen
Bäuerin die Totenschuhe anzuziehen. Die Verstorbene kam nun
regelmäßig zur Aachtzeit in das Haus und suchte nach einer Be—
dechung für ihre nackten Füße. Der Spuk versetzte alle Leute in
Angst; nur eine alte Alagd faßte sich ein Herz und frug nach dem
Begehren des Geistes. „Ach", jammerte derselbe, „zwölf Paar
Schuhe und doch kLGeinen an den Füßen.“ Mlan# setzte ihr nun
ein Paar der zurückgelassenen Schuhe in den Weg, die sie auch
bei ihrem nächsten Besuche mit sich nahm. Der Spuk aber hatte
von da an sein Ende.
12. Die wiederkehrende tote Wöchnerin.
Mitgeteilt von Dr. Pilk.
Im Ortsteil Karlsruhe von Aiedersohland (a. d. Spree) waren
einst zwei junge Eheleute. Die Frau stammte aus dem Ortsteil
Scheidenbach, und diese jungen Leute hatten einen Knaben. Ehe das