— 660 —
Seitdem ist das grüne Kreuz alljährlich in der Todesnacht
des Jünglings dort im Weiher aufgetaucht und am Abend des
Beisetzungstages wieder verschwunden.
818. Der Hungerbrunnen bei Oybin.
Aach Luthers Tischreden, Abteilung „Vom Gesetz und Evangelio“, von
Moschkau in „Aus der Heimat, Lausitzer Geschichts- und Unterhaltungs—
blätter“, 1899, Ar. 49.
Am 13. des Brachmonden Anno (15)39 ward D. Martino an-
gezeigt, was sich nicht weit von der Sitte (Zittau) in Teuerungszeiten
hätte zugetragen. Dämlich wie eine fromme gottesfürchtige Matrone
mit zweien Kindern große MNot gelitten. Da sie nun nicht mehr
hatte, wovon sie konnten leben, schmüchte sie sich mit ihren Kinder-
lein und wollte zu einem Brunnen gehen und beten, Gott wollte
sie in solcher teuren Zeit erhalten und erquicken. Auf dem Wege
begegnete ihr ein Mann, fragt sie und disputiert mit ihr: „Ob sie
vom Wasser des Borns auch essen wollte?“ Sie aber sprach: „Ja,
warum nicht? Denn Gott ist alles möglich und leicht zu tun; der
das große Volk Jsrael vierzig Jahre in der Wüste mit Manna
gespeiset hat, der Kann mich auch mit Wassertrinken erhalten.“ Und
da sie es so beständig bejahte, fest darauf verharrte und blieb, sprach
der Mann (vielleicht ein Engel): „Siehe, weil du so beständig glaubest,
so gehe heim, da wirst du drei Scheffel Mehls finden, damit
du und deine kleinen Kinder in der Teuerungszeit sollen ver-
sorget werden.“ Und sie soll's also nach seinen Worten gefunden
haben.*
Oberhalb des dicht an der alten Leipaer Straße liegenden
Brunnens steht ein kleines Denkmal; daran sieht man ausgehauen
das von einem Rosen- und Blätterkranze umrahmte Brot und
darunter in einem Oval die Umrisse eines betenden Kindes. Leider
* Haupt, Sagenbuch der Lausitz, macht aus dem Vorgang zwei
Sagen (Bd. 1, Ar. 313 u. 314) und verlegt den Luther bekannten Fall nach
Oderwitz an den Engelsbrunnen und ein Jahr früher. Jedenfalls sind
aber beide Sagen identisch.