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baren Zufall auf den Greifenstein geriet, dort in dem obengedachten
Loche entschlief und die ganze Aacht und den halben folgenden
Tag daselbst zubringen mußte. Es ließ ihn schlechterdings nicht
fort, und für die Angst und Versäumnis seiner Zeit hat derselbe
nicht einmal einen klingenden Lohn von den Berggeistern erhalten.
Zwei Frauen waren einst aus einem benachbarten Orte hinauf
auf den Freiwald gegangen, Heidelbeeren zu suchen, und kamen
unvermerkt an die Felsen des Greifensteins. Emsig suchten sie
umher und hörten nicht auf einen Laut, der aus dem Felsen herab-
kam. Doch als das Aufen vernehmlicher ward und eine Frau
sogar ihren Namen rufen hörte, eilte sie fort dem Schalle entgegen.
Hoch und weit geöffnet sah sie plötzlich am Fuße des Felsens eine
Höhle. Haufen von Gold türmten sich in ihrem weiten Raume auf
und ein rabenschwarzer Hund bewachte den Eingang. Eine freund-
liche Stimme aus dem Innern der Höhle, die sie erinnerte, ihre
Schürze zu füllen, belebte ihren bereits gesunkenen Mut, und furcht-
los bepackte sie sich und eilte davon. Doch mehr und mehr ver-
engte sich mit jedem Schritte die Kluft und ängstlich rufend entfloh
sie mit schnellen Schritten der Geisterhöhle. Als sie aber am Aus-
gange war, ergriff der Hund ihre Bürde mit gierigen Klauen. Das
geängstigte Weib starb am folgenden Tage.
869. Der Schatz auf dem Greifensteine sommert sich.
Köhler a. a. O., Ar. 285; I. Mündlich; II. Moritz Spieß, Aberglaube,
Sitten und Gebräuche des sächs. Obererzgebirges, Programmarbeit,
1862, S. 40.
I. Eines Tages gingen zwei Alädchen durch den Wald, in
welchem der Greifenstein liegt; sie hatten Streu gesammelt und
trugen dieselbe in ihren Tragkörben nach Hause. Als sie nun auf
einem schmalen Wege die Höhe abwärts stiegen, sahen sie an den
Zweigen der Fichten zu beiden Seiten Strohhalme hängen. Dar-
über wunderten sie sich, denn sie meinten, daß hier doch kein Weg
für Wagen sei; es sah nämlich aus, als ob von einem mit Stroh
beladenen Wagen durch die zum Teil über den Weg hängenden
Zweige einzelne Halme losgerissen worden seien, wie man solches
ja häufig an den mit Bäumen besetzten Landstraßen sieht. Wie