Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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Stimme zu: „Stehe auf, denn ich führ dich zu deinem Glücke!“ 
Als er die Augen aufschlug, war es Nacht, und vor ihm stand ein 
graues Männchen. Mit unsichtbarer Macht zog es ihn, dem Männ— 
chen zu folgen, wohin ihn dasselbe führte. Bald standen sie vor 
einer geöffneten Pforte, und im Innern der Höhle lagen Haufen 
von helleuchtendem Golde. Da sagte das Männchen: „Jetzt sind 
wir am rechten Orte. Alles, was du hier siehst, soll dein sein, und 
du bist alle deine Sorgen los. Nur eine Kleinigkeit wünsche ich 
dafür von dir: dein Weib gebar dir einen Knaben, den sollst du 
mir für all dies Gold schenken, daß er mir mit Leib und Seele 
gehört.“ Da nahm der fromme Burgstädter schnell ein Kreuz, der 
Christen heiliges Zeichen, das er bei sich trug, hervor und hielt es 
dem Verführer entgegen. Plötzlich stürzten die Felswände krachend 
ein, und das Gold sank wieder in die Tiefe hinab. Der Arme 
aber fiel mit bleichem Gesicht wie leblos zwischen dem Gesteine 
nieder, und als er am Morgen erwachte, wurde gar freundlich in 
der nahen Stadt das Pfingstfest eingeläutet. Zu Hause angekom- 
men, fand er sein Weib, welches ihm in der Aacht ein Söhnchen 
geboren hatte, und als sich die Kunde von dem Geschehenen in der 
Stadt verbreitete, da eilte jung und alt nach dem Taurasteine, ob 
man noch etwas von dem Golde sehen möchte; doch jede Spur von 
der reichen Schatztammer war verschwunden. 
881. Die Jungferngrube auf dem Eichberge bei Waldheim. I. 
Poetisch behandelt von F. G. Buchheim in „Aus Waldheims 
Vergangenheit", 1890, S. 15 ff. 
Es lebte einmal — kurz vorher, ehe die Schweden ins Land 
kamen — zu Waldheim ein alter Geizhals. Als der sein Ende 
herannahen fühlte, füllte er all sein Gold in einen großen Topf 
und vergrub es heimlich auf dem Eichenberge. Bald darauf starb 
er, und seine Erben kehrten umsonst das ganze Haus um. In dem 
Eichbusche aber sah man seit jener Zeit in stiller Mitternacht einen 
Lichtschein an der Stelle, wo der Schatz vergraben lag, und daneben 
saß, den meisten allerdings unsichtbar, der Geist des einstigen Be- 
sitzers und zählte allnächtlich sein Geld.
	        
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