Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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Aun war aber viel später zu Waldheim ein junges Paar, 
das sich herzlich liebte. Er war ein armer Handwerksgeselle und 
sie ein fleißziges, sparsames und tugendhaftes Mädchen. Sie be— 
schlossen, trotz ihrer Armut, voll Gottvertrauen in den heiligen Ehe— 
stand zu treten. Das Mädchen aber war ein Sonntagskind. Darum 
erschien ihr eines Tages der nach Erlösung schmachtende Geldgeist 
und forderte sie auf, ihm zu helfen. Die mutige Magd folgte ihm 
ohne langes Besinnen. Im Hofe hieß er sie einen schweren Spaten 
ergreifen und mit ihm zum Eichberge gehen. Nach einer längeren 
Wanderung gelangten sie an die Stelle, wo ein kleines Licht den 
Schatz anzeigte. Der Geist befahl ihr nun: „Grab'“, grab'’] aber 
sprich kein Wort dabei und greife herzhaft an, was du findest.“ 
Das Mldchen hielt sich wacker. Voller Freude hob sie endlich 
einen Topf, vom Golde schwer, aus der Grube und trug ihn 
schweigend nach Hause. Das Grubenflämmchen leuchtete noch schwach, 
bis die glückliche Schatzgräberin ihre Tür hinter sich zugeworfen 
hatte. Dann verlöschte es; der Geist hatte Ruhe gefunden. Das 
Määdchen aber ward die treue Hausfrau des Gesellen. 
Das Loch auf dem Eichberge hieß fortan die Jungferngrube, 
und die Sage davon ist in Waldheim auf Kind und Kindeskinder 
vererbt worden. 
882. Der Schlüssel zu Gnandstein. 
Gräße, Bd. I, Nr. 321. 
In einem schönen Tale, drei Stunden von der Stadt Borna, 
an der von Leipzig nach Chemnitz führenden Straße, schaut weit 
über die Umgegend das alte Schloß Gnandstein, welches auf einem 
achtzig Fuß hohen Porphyrfelsen erbaut ist. Diese Burg ist schon 
seit dem 13. Jahrhundert in dem Besitz der Familie von Einsiedel 
gewesen, und kann man noch heute in dem großen Familiensaale 
die Bildnisse der meisten Mitglieder derselben seit dem 15. Jahr- 
hundert sehen. In der dasigen Kirche hat Dr. Martin Luther selbst 
mehrmals gepredigt und einst dem Heinrich Hildebrand von Ein- 
siedel, dem er sehr gewogen war und an den er mehrere im Schloß- 
archiv noch vorhandene Briefe geschrieben hat, auf sein Befragen, 
ob die Bauern auch nach der Reformation noch zu fronen hätten,
	        
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