Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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aufgeben solle. Er selbst habe freilich denselben Schatz nicht gut an— 
gewendet, den er vor nun hundert Jahren gehoben, und habe nun 
bis diesen Augenblick dafür ruhelos umherwandeln müssen; er solle 
also ja auf den Warnungston hören, damit er nicht zur gleichen 
Strafe verdammt werde. Bei diesen Worten verschwand er, und 
der arme Tagelöhner schleppte seinen schweren Kessel mit vieler 
Mühe, aber glücklich nach Hause. Als er nun das viele Geld sah, 
wußte er vor Freude nicht wo aus noch ein, faßte die besten Vor- 
sätze und nahm sich vor, so zu leben, daß es ihm nicht gehe, wie 
seinem unglüchkhlichen Vorgänger. Vor allem beschloß er von seinem 
Reichtum eine Kirche zu bauen, und machte sich flugs ans Werkhk, 
und weil er gut zahlte, arbeitete alles mit Lust, und wo er sich nur 
sehen ließ, oder wo man sein Kommen am Ton jener Schelle hörte, 
kamen ihm alle Armen und Bedrängten entgegen, denn sie waren 
sicher, daß er ihnen Unterstützung brachte. Als aber mit der nahen- 
den Vollendung des Baues auch der Schatz abnahm, da fing an 
der Geiz in das Gemüt des so schnell Reichgewordenen einzuziehen; 
er überlegte sich, daß er mit den Summen, die er auf das Gottes- 
haus und die Armen wendete, sich gute Tage machen Bönne, und 
so ward er bald ein Verschwender, und so freigebig er bisher ge- 
wesen, so geizig und hartherzig wurde er nun. Deshalb quälte er 
auch die Bauleute bis aufs Blut, und wenn sie die Schelle hörten, 
da wußten sie auch, daß ihr Peiniger nahe. Siehe, da geschah es, 
daß einst, als er mitten unter seinen Genossen bei reichbesetzter 
Tafel saß, ein furchtbares Gewitter heranzog, und während er am 
wenigsten daran dachte, da schlug ein furchtbarer Blitz herab, tötete 
ihn und zerstörte zugleich auch den noch nicht beendeten Bau; was 
ihm aber noch von jenem Schatz geblieben, das trugen die Geister 
wieder dahin zurüchk, wo er es gefunden hatte, und sein ruheloser 
Geist, der nun die Stelle des früheren Wächters eingenommen hat, 
geht klagend und seine Gegenwart durch Schellen verkündigend, 
jede Mitternacht auf dem Gewinneberg auf und ab und hofft auf 
Erlösung durch einen andern Unglüchlichen, dem jener Schatz be- 
schieden ist.
	        
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