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graubärtigen Männlein, einem Mönche, wie die Leute sich erzählen,
bewacht. Der Schatz ist in einem hohen Gewölbe aufbewahrt, zu
dem ein langer und weiter Gang führt. In manchen Aächten,
wenn der Vollmond sein Licht über die Fluren ausgießt, ist der
Eingang zu diesem unterirdischen Gewölbe am Berge deutlich sichtbar.
Wer ihn sieht, dem ist der Weg zum Glücke geöffnet. Von den
aufgehäuften Schätzen kann er dann nehmen, soviel er nur will,
nur darf der Glückliche kein Wort sprechen, sonst schwindet der
Schatz vor seinen Augen. — Vor Jahren, als noch die Postwagen
zwischen Dresden und Bautzen verkehrten und die hellen Klänge
des Posthorns in Schmiedefeld gehört wurden, wo die Reisenden
kurze Rast zu machen pflegten, geschah es in einer mondhellen
Frühlingsnacht, daß einem Postknechte, der eben am Kapellenberge
vorüberfuhr, vom Berge her ein graubärtiges Männchen winkkte.
Der Postknecht hält die Pferde an, und da gerade niemand im
Postwagen sitzt, steigt er vom Boche herunter und geht beherzt auf
die ihm winkende Gestalt zu. Ein kleiner Mann in brauner
AMönchskutte fordert ihn auf, ihm zu folgen, aber auf dem Wege
hin und zurüch kein Wort zu sprechen. Es werde sein Glück sein.
Das Mlännlein geht voran, furchtlos folgt ihm der Postknecht. Da
öffnet sich plötzlich der Berg. Ein weiter und hellerleuchteter Gang
liegt vor ihnen. Beide treten ein. Von den Wänden und der
Deche des Ganges flimmert und glitzert es in wundervollem Glanze.
Der Gang endet in einem hohen und weiten Gewölbe. Hier sind
Goldstücke und Edelsteine in riesengroßen Braupfannen aufbewahrt.
Der staunende Postknecht erhält nun die Weisung, nur zuzugreifen.
Das tut er auch und füllt seine Taschen mit Goldstüchen und Edel-
steinen. Dann aber springt er vor freudiger Erregung auf das
graubärtige Müännlein zu, erfaßt dessen eiskalte Hand und ruft
überglücklich aus: „Ich danke euch!“ Doch, o wehl Do geschieht
plötzlich ein donnerähnlicher Krach. Der Alönch verschwindet und
stößt Klagerufe aus. Das ganze Gewölbe erbebt und die Erde er-
zittert. Der Postknecht aber wird von unsichtbaren Händen erfaßt
und fortgeschleudert, so daß er besinnungslos am Boden liegen
bleibt. Als der Unvorsichtige aus seiner Ohnmacht erwachte, lag
er draußen am Berge auf einem Feldrande. Jenseit des Grabens
standen ruhig die Pferde mit dem Postwagen. Seine GElieder
schmerzten furchtbar und mit vieler Mühe erkletterte er seinen Kutsch-