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Der Mann lud es in einen mitgebrachten Karren. Währenddessen
suchte die Frau mit blutendem Herzen nach dem Eingange. Er
war nicht zu finden. Der Felsen blieb geschlossen. Schweigend
schritt die Bekümmerte auf dem Heimwege neben dem Gatten ein—
her. Des letztern liebreiche Worte von den Sorgen, welche oft selbst
die besten Kinder den Eltern bereiten, und von den Annehmlich—
keiten, die der Besitz des Geldes doch allenthalben schaffe, spendeten
ihr keinen Trost. Je näher die beiden dem Dorfe kamen, desto
leichter schien der Karren zu werden. Daheim angelangt, ersahen
sie mit Schrecken, daß sich nichts als welkes Laub auf dem Wäg—
lein befand. Auch die Goldstücke im Keller waren verwandelt.
Dort lag nur ein Haufen wertloser Scherben. Wer beschreibt die
Enttäuschung und den Arger des Mannes, wer die Wehmut der
Frau? Letztere erkannte ihre Schuld und suchte dieselbe durch
allerlei fromme Büßungen zu fühnen. An jedem Festtage pilgerte
sie hinauf nach dem Valtenberge, um vielleicht doch ihr verlorenes
Glückh wiederzuerlangen. Und ihr Sehnen sollte gestillt werden.
Am nächsten Karfreitage, als wiederum vom Chor der Kirche die
heilige Passion gesungen wurde, fand die Hoffende auch die Pforte
zur Goldgrotte wieder geöffnet. Wonnetrunken eilte sie hinein.
Alles war noch wie vorm Jahre. Die goldgefüllte Braupfanne
stand noch am selben Orte, und am Boden, wo sie es verlassen, saß
auch ihr holdes Knäblein, unversehrt und spielend mit einer lichten
Engelsgestalt, welche der Eintretenden mit einem Lilienstengel schel-
misch drohte und dann verschwand. Die Mutter drückte den wieder-
gewonnenen Liebling an ihre Brust und stürmte mit ihm hinaus.
-i cächt dachte sie mehr an Gold und Wohlleben — ihr Mrutterherz
erfüllte die höchste Seligkeit; sie schwelgte nur in dem einen Ge-
danken: „Das Kind, das teure Kind ist wieder mein!“ Aus dem
Knaben wurde ein stattlicher und frommer Jüngling, der sich durch
Fleiß und Arbeit sein Glück zu erringen suchte. Lebenslang aber
erfüllte ihn eine unüberwindliche Abneigung gegen den Valtenberg.
Aie begab er sich mit seinen Gefährten dorthin, und wenn ihm
jemand von den Schätzen erzählte, die in dem Berge liegen sollten
und die man auf geheimnisvolle Weise durch Zauberspruch heben
könnte, da schüttelte er ernst den Kopf und mochte nichts davon
wissen.