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904. Ein Geizhals schläft sieben Jahre im Valtenberge.
ClI. König im MA. Laus. Mag., 1886, S. 70; Aleiche, Sagenbuch, Ar. 63.
Es war einmal ein geiziger Filz, der schleppte am Silvester
Klötzer mit seinem Pferde auf dem Baltenberge. Plötzlich hörte er
ein Razen und Sägen, und als er nach der Höhe sah, woher der
Lärm ham, erblickte er eine weitgeöffnete Pforte. Schnell band er
das Pferd an den nächsten Baum, und dann lief er in den hell-
erleuchteten Goldkeller, um sich etwas von den Reichtümern zu
holen. Wie staunte er, als er eintrat. So schön und prächtig
hatte er es sich doch nicht gedacht. „Greif zu! Aiemand sieht es!“
so ermunterte ihn das eigene Gewissen, und er wollte zugreifen.
Da gewahrte er, daß in dem anstoßenden Saale noch köäöstlichere
Schätze glitzerten. Er trat hinzu und konnte sich nicht satt sehen.
Endlich erraffte er sich; er füllte seine Taschen, und dann ging er
zurüch, um den Ausgang zu suchen. An seiner Statt kam aber
immer eine neue Grotte. Endlich schimmerte in der Ferne der Tag;
aber in demselben Augenblicke erschrechte ihn ein lauter Krach; er
fiel zu Boden, und die Lichter verlöschten. Er tappte herum, er
rief, er weinte, er gelobte, ein guter Mensch zu werden; er legte die
eingestechten Kostbarkeiten behutsam neben sich; aber der Berg
hatte kein Erbarmen. Er behielt den Gefangenen und schenkte
ihm endlich Ruhe und Schlaf. Als der Bauer erwachte, da war's
ihm, als höre er fernes Geläute. Andächtig lauschte sein Ohr; sein
Herz erhob sich in inbrünstigem Gebete, und seine Augen — konnte
er es glauben — sahen den hellen Tag. Er lief hinzu, er stand
wieder im bekannten Walde, aber Pferde und Stämme waren ver-
schwundeen. Als er in das Dorf kam, gingen die Leute aus der
Kirche heim; es war Ostern. Er hatte gerade sieben Jahre drei
Wonate geschlafen. So manches hatte sich während dieser Zeit
verändert; sein Weib war gestorben, und sein Sohn führte die Wirt-
schaft. Er lebte noch viele Jahre und hat seine Leidengsgeschichte
viele Male erzählt, dieselbe aber immer mit der Mahnung ge-
schlossen: „Wir müssen Gott mehr fürchten, lieben und vertrauen,
als dem Gelde."“