— 734 —
der alten Raubburg Kirschau. Am meisten tritt von den noch vor—
handenen Mauerüberresten das Haupttor nach der Burg hervor,
dessen Höhe jetzt freilich Kaum noch vier Ellen beträgt, da die
Schwelle wohl ebenso tief mit Schutt bedeckt ist. In diesen Ruinen
ist es zu Anfange des Frühjahres und Herbstes angeblich nicht ganz
geheuer, denn man will zu dieser Zeit dumpfes Gewimmer, starkes
Waffengeklirr, heftiges Kettengerassel, aber auch gellendes Gelächter,
wilden Sang und lauten Becherklang hier gehört haben. Seltener
ist aber etwas zu sehen gewesen, doch haben sich auch furchtbare
vermummte Gestalten erblicken lassen, welche im Schlosse die Runde
machten und dann plötzlich wieder verschwanden. Mehr als dies
alles hat schon seit Jahrhunderten die Aufmerksamkeit manches
Bewohners der Umgegend ein eiserner Kessel auf sich gezogen, welcher
tief unter den Trümmern des alten Raudbschlosses ruht und einen
unermeßlichen Reichtum an Gold und Edelsteinen birgt. Obgleich
gedachter Schatzkessel von mächtigen Geistern bewacht wird, näm-
lich von einem schwarzen furchtbaren Ritter mit einem blutroten
Helmbusche auf dem Haupte und einem mächtigen, von Menschen-
blut rotgefärbten Schwerte in der Hand, und von einem nimmer-
schlummernden Falken mit eisernem Schnabel und panzerfestem Ge-
fieder angetan, so ist es doch nicht im Bereiche der Unmöglichbeit,
ihn zu heben und dann zu seinem A#utzen anzuwenden. Derzjenige,
welcher den Schatz heben will, muß in der Nacht vom 22. zum
23. Februar — Petri Stuhlfeier — geboren sein, am Tage Petri
Kettenfeier oder den 1. August in drei aufeinanderfolgenden Jahren
das heilige Abendmahl genossen haben, und sich genau die Zauber-
formel merken, welche ihm in der heiligen Christnacht träumen
wird. Dies ist aber noch nicht alles. Der vom Schicksal zur Er-
hebung des Schatzes Bestimmte hat nun in der Nacht von Petri
Kettenfeier sich auf die oben angegebene Landstraße von Budissin
hinter dem Dorfe Postwitz zu begeben, einen schwarzen Kater, eine
schwarze Schlange und einen schwarzen Hahn allda zu schlachten,
das Blut mit Bilsenkrautasche zu vermischen, sich damit Gesicht und
Hände zu waschen und dann dreimal die Zauberformel nach der
Burgruine zu auszusprechen. Hierauf wird ein Wunder geschehen,
und alles, was ihm befohlen wird, muß er verrichten, wenn er nicht
den Schatz wieder verschwinden oder gar sich gemißhandelt oder
verstümmelt sehen will.