Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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Noch ist der Schatz nicht gehoben, trotzdem daß zweimal Ver— 
suche dazu gemacht worden sind, die aber beide schlecht abliefen. 
Im Jahre 1602 wagte es ein Bauer, mit Hilfe seines Sohnes 
diesen Schatz zu heben, und begann auch die Beschwörung, welche 
nach Aussage seines Sohnes insoweit glückte, daß sich der Berg 
öffnete und der Kessel sichtbar wurde; allein da der gute Landmann 
von der Zauberformel etwas vergessen hatte oder dieselbe nicht ge— 
hörig aussprach, erschien ein schwarzer furchtbarer Ritter mit blut— 
rotem Helmbusche, Feuer flackerte aus der Erde, und eine schauder— 
hafte Stimme rief: „Wehe, wehe dir und deinen Taten!“ Ein 
Donnerschlag erfolgte, der Schatz verschwand, der Sohn ergriff die 
Flucht, und den Vater fand man am anderen Morgen mit um— 
gedrehtem Halse und schwarzem Gesicht in dem sogenannten Schloß- 
garten entseelt liegen. 
Im Jahre 1607 ward ein zweiter Versuch gemacht durch 
einen gewissen Karl Lende aus Budissin, einen jungen Alaun, der 
auf leichte Weise zu Reichtum und Ansehen gelangen wollte. Aller- 
dings war er erst 18 Jahre alt, allein da seine Geburt wirklich in 
der Nacht vom 22. zum 23. Februar erfolgt war, er auch in der 
letztvergangenen Christnacht die fragliche Zauberformel geträumt 
und sich wohl eingeprägt hatte, so ging er mutig ans Werk. Einen 
schwarzen Kater, eine schwarze Schlange und einen schwarzen Hahn 
hatte er sich verschafft und sich dazu blecherne Büchsen machen 
lassen, welche so eingerichtet waren, daß man die Tiere ohne Ge- 
fahr schnell töten kKonnte. Vom Kirchhofe hatte er selbst sich Bilsen- 
kraut mitgebracht und dieses gut getrochnet, so daß es an Ort und 
Stelle schnell in einer Blendlaterne zu Pulver gebrannt werden 
konnte. Mit der Nacht in den Ruinen angelangt, schlachtete er 
die Tiere, verbrannte in seiner Blendlaterne das getrocknete Bilsen- 
kraut, mischte das Blut und die Asche wohl durcheinander und be- 
strich zitternd Gesicht und Hände. Glüchklicherweise verlieh ihm dieses 
seltsame Waschen eine wunderbare Kraft und Freudigkeit, und alle 
Furcht zerrann, denn sonst wäre es ihm wohl Rkaum möglich ge- 
wesen, die Zauberformel fehlerfrei auszusprechen. Sobald das letzte 
Wort ausgesprochen war, sah er sich vor einer offenen Pforte. Er 
schritt hinein und war in einer von hellem Kerzenschein erleuchteten 
Höhle, in deren Mitte ein steinerner Tisch stand. Auf ihm lag ein 
blankes Schwert und neben diesem stand ein Helm mit schwarzen
	        
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