Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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909. Der unterirdische Gang in Spremberg. 
Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Bd. J, S. 238. 
Aahe bei Spremberg, jenseit der Spree, befindet sich ein Hügel, 
auf dem ehemals eine sehr reich dotierte Kapelle stand, die dem 
heiligen Georg gewidmet war. Zu dieser Kapelle, behauptet die Sage, 
führt von Spremberg aus ein unterirdischer Gang. Die Sprem— 
berger wollten einmal den Gang untersuchen und schenkten einem 
zum Tode verurteilten Verbrecher das Leben, daß er den Gang 
untersuche und zur Georgenkapelle wieder herauskäme. Der arme 
Sünder war damit sehr zufrieden und machte sich auf den Weg, 
kam aber niemals wieder zum Vorschein. Jedermann glaubte, er 
sei in dem Gange verunglückt oder von bösen Geistern zerrissen 
worden, daher auch weiter keine Untersuchung angestellt wurde. 
Einige Jahre später kommen einmal ein Paar Spremberger 
nach Zittau. Wem begegnen sie dort? dem zum Tode verurteilten 
armen Sünder. Sie erkennen ihn auf der Stelle, obgleich er ein 
wohlhabender und angesehener Bürgersmann geworden war. Unter 
der Hand hat er nun den Sprembergern vertraut, wie es ihm er— 
gangen. Wie er eine Weile in dem Gange fortgeschritten, hat er 
Hundegebell über sich gehört, woraus er geschlossen, daß er sich 
unter der Scharfrichterei befinde. Gleich darauf erschien ihm ein 
Geist mit einem brennenden Lichte und fragte ihn, wohin er wolle. 
Der arme Sünder antwortet: „Ich bin zum Tode verurteilt, wenn 
ich nicht auf diesem Wege zur Georgenkapelle komme. „Geh nur 
fort,“ antwortet jener, „dein Glück ist gemacht.“ Hierauf kam er 
bald in ein Gewölbe, in welchem zwölf Apostel aus purem Golde 
standen, jeder etwa einen Arm lang. Hier verweilte er, bis nach 
seiner Berechnung der Abend angebrochen war, ZGehrte dann um 
und nahm einen der Apostel mit. 
Ins Freie gelangt, ging er der Grenze Böhmens zu. Dort 
zerschlug er seinen goldenen Schatz, verwandelte ihn stückweise in 
klingende Münze und ließ sich schließlich als ehrsamer Bürger in 
Zittau nieder. 
Die Offnung ist wegen eines daraus hervordringenden mörder- 
lichen Gestankes seit vielen Jahren vermauert. Die andern elf 
Apostel warten noch immer auf ihre Erlösung. 
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