Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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er nun wieder in der Felsenkluft empor, war ohne viele Mühe und 
ehe er es dachte, wieder oben auf dem Berge und eilte darauf mit 
seiner Barschaft vergnügt nach Hause. Der andere Knabe, der mit 
diesem auf dem Berge war, hatte mit Ungeduld auf die Rückkunft 
seines Gesellen aus der Felsenkluft geharrt und beinahe schon ge— 
fürchtet, daß er wohl unglücklich gewesen sein könne. Doch als er 
ihn, nicht nur gesund und wohlbehalten, sondern sogar mit reichen 
Schätzen beladen wiederkehren sah, und es obendrein diesen erzählen 
hörte, wie leicht und ohne Gefahr er dazu gelangt sei, so stieg auch 
in ihm der Gedanke auf, sein Glück bei jenen unterirdischen Schatz- 
meistern zu versuchen. Um auf ähnliche Art sich einen Weg dahin 
zu bahnen oder wohl gar seine Ankunft in jenem Unterreiche zu 
verkünden, warf er absichtlich sein Hütchen in die Felsenkluft hinab. 
Endlich nach langem beschwerlichen und gefährlichen Klettern gelang 
es auch ihm, den Eingang in den beschriebenen unterirdischen Felsen- 
keller wirklich zu entdechen. Doch nicht so günstig war sein Emp- 
fang, wie er nur kurz zuvor seinem Genossen zuteil geworden war. 
Denn mit bösen und zürnenden MAlienen sahen ihn die stummen Herren 
an dem großen runden Tische an und bedrohten ihn aufs strengste, 
wenn er es wagen wollte hineinzukommen; auch der feuerschnau- 
bende Hund bewies ihm schon von weitem seinen ganzen Grimm. 
Eiligst und so geschwind als er nur konnte, machte der Knabe da- 
her sich wieder auf die Beine und war nur froh, mit heiler Haut 
und lebendig davongekommen zu sein. Aur mit Mühe konnte er 
aber den Weg rüchwärts finden und die steile Höhe wieder er- 
klimmen, von wo er nun noch obendrein ohne Hut nach Hause 
kehren mußte. 
Uberhaupt hat die Erfahrung gelehrt, daß diejenigen, die 
diesen Berg mit Willen aufsuchten und ihre Habsucht mit den dar- 
innen befindlichen Schätzen recht geflissentlich zu befriedigen hofften, 
nie so glüchlich waren, die sich angeeigneten Schätze mit sich nach 
Hause zu nehmen. Ja, ein Löbauer Bürger mußte sogar einst 
sieben Jahre lang in dem Berge bleiben und in Geduld harren, 
bis sich ihm der Berg von selbst auftat, denn aus übergroßer Be- 
gierde, sich von den erblichten Schätzen so viel als nur möglich zu 
eigen zu machen, hatte er ganz vergessen, daß der Berg nur eine 
Stunde lang offen sei und dann Jahre lang sich ihm zuschließen 
würde. Gern ließ er dann alle und auch die sich schon zu-
	        
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