Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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wieder: er sank an der Stelle, wo ehemals der Altar gestanden 
hatte, durch Wein und Gehen ermüdet, mitten unter den Toten in 
tiefen Schlummer. Aachdem er (wie lange er geschlafen, wußte er 
bei seinem Erwachen nicht) aufgewacht war, war es zwar dunkel, 
allein mit hellem Glanze umleuchtete ihn ein Licht, und in den be— 
moosten Trümmern erblickten seine vom Schlafe gestärkten Augen 
ein durch mannigfaltige bunte Lampen geschmachvoll erleuchtetes 
Altargemälde, gefertigt von Meisterhand, welches die Himmelfahrt 
Christi vorstellte. Am Fuße desselben quollen Gold= und Silber- 
münzen aus der Erde. Verdutzt sah er sich schüchtern um; nie- 
manden vermochte er zu erschauen, stille und öde war alles, wie 
in des Todes Hallen. Lange ging er hin und her, bald das Ge- 
mälde, bald das aus der Erde Schoß hervorquellende Gold be- 
trachtend. Zufällig stieß er beim Herumwandeln an einen Krug. 
Dies hielt er für einen ihm von einem guten Genius gegebenen 
Wink, faßte sich ein Herz und füllte das Gefäß mit den Münz- 
sorten, und gebrauchte, wo es nicht langte, noch seine Halskrause 
und ein Taschentuch, sowie seine Taschen dazu. Da verkündete die 
Gloche vom NRathausturme 1 Uhr, die Hähne kräheten in den be- 
nachbarten Gehöften, und der Glückliche eilte mit seiner Beute 
nüchternern Sinnes, als er den Ort betreten hatte, froh und zu- 
frieden nach Hause. Die Goldstücke waren größtenteils aus dem 
Zeitalter der Könige Maximilian und Matthias und einiger ihrer 
Nachfolger; ob er aber einen guten Gebrauch von seinem Funde 
machte, davon schweigt die Geschichte. 
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919. Der Schatz in der Mönchskirche zu Budissin. 
Gräße, Rd. II, Ar. 740; Gräve a. a. O., S. 112. 
In der am 1. August 1401 durch Flammen zerstörten Mönchs- 
(Franziskaner-) Kirche soll man zu gewissen Zeiten einen Schatz, 
welcher nicht unbedeutend ist, erblichen. Abends in der Mittter- 
nachtsstunde des St. Micchaelistages soll, jedoch nicht alle Jahre, 
auf den Fensterbrüstungen dieser Kirche, welche auf die große 
Brüdergasse die Aussicht haben, jener Schatz sichtbar werden. Es 
besteht selbiger in zwei goldenen Kelchen, einer goldenen Patene,
	        
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