Vor Jahren wanderte zur Sommerzeit ein Handwerksbursche von
Dittersbach nach Kleinwolmsdorf. Er benützte den alten Reinhards—
walder Weg und kam um die Mittagsstunde durch das wüste
Dorf. Heiß brannte die Sonne nieder, doch wohltuend war der
kühle Schatten des Waldes. Da stand, als er in einen stillen
Wiesengrund kam, hart am Wege ein altes, mit Stroh gedecktes
Wirtshaus, aus dem lustige Töne klangen. Er trat näher und
merkte, daß hier eine Hochzeit gefeiert und in der niedrigen Gast-
stube Hochzeitstanz abgehalten wurde. Schüchtern trat der Wander-
bursche ein und wunderte sich über die altertümlichen Trachten der
Hochzeitsgäste. Wie er so zusah, und sich verwunderte, Rkam die
Braut (nach anderen die Wirtstochter) auf ihn zu, forderte ihn zum
Tanze auf und schwang sich mit ihm im Reigen. Darauf reichte sie
ihm einen Krug mit perlendem Weine. Der Handwerksbursche tat
einen kräftigen Zug, sah dann dem Tanze noch einige Zeit zu und
setzte sich darauf draußen vor der Tür auf eine Steinbank nieder.
Dort schlief er gar bald ein. Als er erwachte, war kein Wirts-
haus mehr zu sehen.
Abweichend hiervon berichtet nun eine andere Erzählung im
Volksmunde: Mitten in den Tanz hinein klang plötzlich ein furcht-
barer Schrei, daß die Tänzer sofort stillstanden. Glutroter Schein,
Waffenklirren und angstvolles Hilferufen drang zum Fenster herein;
jäh leerte sich die Gaststube. Eine wilde Horde fremder, hussitischer
Krieger hatte das Dorf überfallen. Pechkränze flogen auf die
Strohdächer und schnell züngelte die feurige Lohe zum Himmel
empor. Zwar leisteten die Dorfbewohner mit grimmigem Mute
bewaffneten Widerstand, aber die Räuber überwanden sie und
schonten auch die Frauen und Kinder nicht. Auch der fremde
Wanderer stürzte hinaus auf die Dorfstraße, wo er sah, wie einer
der Räuber seine schöne Tänzerin an den Haaren gepachkt hatte und
sie eben mit dem Schwerte töten wollte. Schnell raffte der Bursche
einen am Boden liegenden Morgenstern auf und stürzte sich auf
den Mordgesellen. Aber mit einem gewaltigen Schwerthiebe ent-
wand dieser ihm die eiserne Keule und holte zum Schlage gegen
das unbeschützte Haupt seines Gegners aus. Erschrocken fuhr dieser
zurüch und — erwachte.
Der Wanderbursche saß auf einem bemoosten Steine am
Waldesrande, und vor ihm breitete sich eine einsame Waldwiese