— 766 —
935. Der Thronberg bei Ebendörfel.
Gräße, Bd. II, Ar. 770; Gräve, S. 71 ff.; A. E. Köhler, Der Czorneboh,
Bautzen (1853), 18, S. 81; Haupt, Bd. II, S. 14; poetisch behandelt von
Segnitz, Bd. I, S. 365 ff.
Der Thronberg, bei dem eine Stunde von Bautzen entfernt
gelegenen Dorf Ebendörfel, welcher sonst auch Traum= oder Frage-
berg genannt wird, heißt auch der Kronenberg, weil er in seinem
Innern sieben Königskronen bergen soll. Es saßen nämlich einst
siebeen wendische Könige auf seinen Steinen und schauten hinab auf
ihr Land und seufzten über den harten Druck der Deutschen. Da
beschlossen sie, freie Männer zu werden, das aufgebürdete Joch ab-
zuschütteln und einander beizustehen gegen die Feinde ihrer Mation.
Eine blutige Schlacht entspann sich auf dem Berge, die sieben
Könige fielen im Gefechte und wurden mit ihren goldenen Kronen
unter sieben Steinen dort oben begraben. Die Gradbsteine sind ein-
gesunken, aber noch zu sehen, und die Gebeine der Fürsten längst
zerfallen; aber ihre goldenen Kronen, auf welchen sie die Ihrigen,
als sie das Schlachtfeld behauptet hatten, begruben, liegen noch
unversehrt da, von mächtigen Geistern bewacht.“
936. Die heutigen Wendenkönige.
Gräße, RBd. II, Nr. 721; J. Tollü Epist. itinerar. ep. II; Haupt, Bd. I,
S. 15; R. Gosche in: Unser Vaterland, Bd. II, S. 17 ff.
Es ist eine alte Sage, daß die Wenden in der Miederlausitz
noch heutzutage ihren König unter sich haben, den sie gemein-
schaftlich aus ihrer Mitte wählen, ihm Krone und Zepter zustellen
und jährlich zu seinem Unterhalte eine Kopfsteuer entrichten. Sie
erweisen ihm alle Rhönigliche Ehren und gehorchen seinem Befehle
in allen, das ganze Volk betreffenden allgemeinen Angelegenheiten.
Jedoch halten sie die Sache so geheim, daß alle Bemühungen, den
rechten Grund zu erfahren und den König selbst unter den Bauers-
*Diese Sage könnte wohl auch im Hauptteil 1 unter Az stehen
(Bergentrüchkungen); die Kronen sind jedenfalls das Symbol für die Könige,
die wir vielleicht in den geisterhaften Wächtern erblicken dürfen.