— 781 —
Einst, so erzählt nun die spätere Sage, trieb er selbst bitteren
Spott mit seiner Hilfsbedürftigkeit. Er traf auf einen Hirten, der
auf einsamem Felde seine Herde weidete, und sprach zu ihm: „Ich
bitte dich, strecke deine Hand aus und fange mich.“ Der Hirte tat,
um was ihn der Unbekannte gebeten, ergriff einen Zipfel seines
Kleides und hielt ihn, wie man einen Gefangenen zu halten pflegt.
Da sagte der Markgraf: „Jetzt erzähle allen, daß du den Mark-
grafen von Meißen als Gefangenen gehalten hast.“ Darob erschrak
der Hirte und ließ ihn unter Entschuldigungen wieder frei, erzählte
dann aber allen, was ihm begegnet war.
954. Der treue Haberberger von Freiberg.
Köhler, Sagenbuch, Vr. 745; nach Moller, Theatrum, Freiberg. Chron. U,
S. 43.
Als Friedrich der Freidige, vom Kaiser Adolf besiegt, elend
im Lande umherzog, kam er von einem einzigen Diener begleitet
und unerkannt in eine Schmelzhütte, in welcher ein Freiberger
Bürger, namens Haberberger, einen starken Blick Silber abtrieb-
Als er nun gefragt, wem so viel Silber zustände, und darüber be-
richtet worden war, hat er den Haberberger allein vor die Hütte
geführt, sich zu erkennen gegeben und ihn um das Silber angesprochen.
Haberberger hat ihm dies nicht allein willig zugestellt, sondern ihm auch
versprochen, daß er ihm nach wenig Tagen, wenn er es geschmolzen,
noch mehreres geben wolle. Alarkgraf Friedrich nahm es mit Dank
an, und da ihm in der Folge noch mehrere reiche Bürger heimlich
von ihren Ausbeuten zuschichten, warb er neues Kriegsvolk an,
mit dem es ihm gelang, in seinem Lande wieder festen Fuß zu
fassen. Er konnte sich um so mehr darin behaupten, als bald dar-
auf der Kaiser abgesetzt wurde und in einer Schlacht mit seinem
Gegenkaiser sein Leben einbüßte. Haberberger aber wurde reichlich
beschenkt und erhielt mancherlei Freiheiten.