Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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selbe einzunehmen. Da bestach der Anführer — es soll Procop gewesen 
sein — den Türhüter des Schlosses und versprach ihm einen Hut 
voll Dukaten, wenn er die Pforte öffnen würde. Der Hüter ging 
auch darauf ein; als aber die Hussiten eindrangen, wurde ihm statt 
des Hutes voll Dukaten von den Feinden der Kopf abgeschlagen. 
Die Hussiten richteten nun in der Burg ein schrechliches Blutbad an; 
keiner sollte ihren Schwertern entrinnen, und das Blut floß in 
Strömen beim unteren Turme herab. Aur zwei Bürger, welche sich 
in dem Brunnen verstecht hatten, Kamen mit dem Leben davon; der 
eine hieß Loth, der andere Pfund. Als nun die Feinde abgezogen 
waren, kamen sie hervor und einer redete den andern an: „MAun, 
Löthele, bist du denn auch noch da?" „Ja, Pfündele,“ sagte der 
andere. Darauf sind diese Namen, Löthele und Pfündele, den 
Familien geblieben, und noch im 19. Jahrhundert haben Leute, 
welche diesen Namen führten, in Plauen gelebt.“ 
959. Das Kreuz und der Kelch bei Wolkenstein. 
Gräße, Bd. I, Nr. 536; Köhler, Sagenbuch, ANr. 657; Lehmann, Obererz- 
gebirg. Schauplatz, S. 54 ff.; Ziehnert, Sachsens Volkssagen, S. 447; 
Fr. W. Köhler, Hist. Aachrichten von der Bergstadt Wolkenstein, 1781, 
S. 237. 
In der Mitte einer 100 Ellen hohen steilen Felsenwand, die 
sich an der Zschopau erhebt und das Schloß Wolkenstein trägt, 
waren früher ein Kreuz und Kelch in den Stein eingehauen. Diese 
beiden Zeichen sollten daran erinnern, daß im Jahre 1428 die 
Hussiten einen papistischen Priester in Wolkenstein, obwohl sie ihm 
mit dem Tode drohten, nicht von seinem Glauben abwendig machen 
konnten. Da schleppten die wilden Gesellen den frommen, fest- 
gläubigen Mann erbarmungslos an den Nand der steilen Felsen- 
wand und stießen ihn hinab. An den vorragenden Felsenzachen 
zerschmettert, versank sein Leichnam in den Fluten der Zschopau. 
* Die Einnahme des Schlosses zu Plauen durch Verräterei soll zu 
Anfang des Jahres 1436 stattgefunden haben. Nach einer anderen Uber- 
lieferung hätten sich aber drei Bürger gerettet, nämlich zwei Pfündel und 
ein Gering (s. Fichenwirth, Chronik von Lengefeld, S. 176). 
Meiche, Sagenbuch. 50
	        
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