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960. Ein Ritter von Schönberg wird von den
Hussiten gejagt.
Köhler, Sagenbuch, Ar. 748; Staberoh, Chronik der Stadt Oederan,
1847, S. 83.
Als im Sommer 1427 ein starker Haufe Hussiten über Olbern-
hau und Sayda durch das Gebirge herunter nach Oederan zog,
galt es besonders dem Ottomar von Schönberg, welcher den Hussiten
aus der Gefangenschaft entwichen war und nun in seinem Schlosse
Reinsberg wohnte. Täglich wurde jetzt dieses Schloß drei Wochen
lang von den Hussiten gestürmt. Da rettete den geängstigten Schön-
berg sein Knappe durch einen unterirdischen Gang, der sich in einem
Busche vor dem Schlosse öffnete. Diese Stelle soll noch heute mit
einem Denksteine, auf dem ein Kreuz eingehauen ist, bezeichnet sein.
Ein bereit gehaltenes Roß trug den Ritter in der dunkeln Nacht
durch den Forst auf die nahe Straße nach Freiberg. Hier setzten
ihm die wachsamen Hussiten nach, und hart vor Freiberg hatten sie
den fast zum Tode Gehetzten beinahe eingeholt. Der Turmwähchter
auf dem Meißner Tore gewahrte in der Morgendämmerung diese
Menschenjagd. Er öffnete dem nahenden Ritter, welcher ihm sein
weißes Tuch entgegenschwang, einen Torflügel, den er vor den
mit heransprengenden Hussiten schnell wieder zuschlug. Innerhalb
des Tores aber verließen den Ritter die Kräfte; auf der Mieißener
Gasse stürzte er mit dem Pferde und wurde tot in das nächste
Haus getragen. Auch diese Stelle ward mit einem Steine, den
man später an die Stadtmauer gelehnt hat, zum traurigen Andenken
bezeichnet.
961. Die vierzehn Nothelfer bei Gottleuba.
Gräße, Bd. 1I, Nr. 242; poetisch behandelt von Ziehnert, S. 21 ff.
Als die Hussiten im Jahre 1429 durch das Land Meißen
zogen und alles mit Mord und Brand verwüsteten, kamen sie auch
in das sächsische Hochland und zwar in die Aähe des in einem der
tiefsten und schönsten Täler Sachsens liegenden Städtchens Gott-
leuba, welches zum Amte Pirna gehört. Schon brachten Flüchtige
aus Liebstadt die Nachricht, daß das feindliche Heer im Anzuge sei.
In die benachbarten Berge zu flüchten, schien die Zeit zu