Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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in dem Stadtgebiete. Es rief der Landvogt, Hans von Polenz, 
den Herzog von Meißen um Hilfe an, und dieser schickte 1200 ge- 
harnischte Männer; die lagerten sich auf der Wiese vor Budissin, 
dem Gerichte gegenüber und weiter hinaus, bis auf eine halbe 
Meile weit. Aeben der Wiese schlugen die von Budissin mit denen 
vom Lande ihre Lager und ihre Wagenburg auf. Der Landvogt 
aber lag mit seinem Troß den Meißnern gegenüber. So lagen sie 
alle fünf Tage lang stille und die Hussiten wagten keinen Angriff 
auf die Stadt. Aber die von Budissin wollten sich nicht an die 
Hussiten wagen, und das Meißnische Kriegsvolk, welches sich auch 
trefflich fürchtete, erhob sich in aller Stille bei nächtlicher Weile und 
zog ab. Die Hussiten aber zogen heran und berannten die un- 
beschützte Stadt, die dadurch in große Not geriet. Doch wen die 
Menschen verlassen, den beschützt Gott. So geschah es auch hier. 
Denn man sah da leibhaftig den heiligen Erzengel Michael mit 
seinem Schwerte auf den Mauern und unter dem Kriegsvolke. 
Hier flößte seine Erscheinung Mut und dort Schrechen ein, und als 
ein Pfeil den Hauptmann der Hussiten tödlich getroffen hatte, machten 
sie sich wieder auf, gingen zurück über das Gebirge und ließen die 
geängstete Stadt frei. Zur dankbaren Erinnerung an diese himm- 
lische Hilfe erbauten die Einwohner alsbald zu Ehren des Erzengels 
Wichael eine Kirche, und es wurde verordnet, für diese Errettung 
aus den Händen der grausamen Hussiten alljährlich eine feierliche 
Prozession zu veranstalten, ein Hochamt zu halten und das Tedeum 
zu singen. 
965. Das Forstfest zu Kamenz. 
Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Bd. II, S. 109. 
Im Hussitenkriege Kam einmal ein Haufen Hussiten vor Kamenz 
gerücht, schlug vor der Stadt ein Lager auf und drohte die Stäadt 
zu plündern, wenn man ihm nicht eine große Lösesumme zahlen 
würde. Der Preis war zu unverschämt. Die armen Kamenzer 
konnten auch nicht einmal einen kleinen Teil desselben aufbringen. 
Da ging der Schulmeister mit den Kindern in einer feierlichen 
Prozession hinaus vor den grimmigen Hussitenhauptmann, der samt 
seinen wilden Scharen gar nicht wußte, was dieser friedliche Besuch
	        
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