— 790 —
bedeuten sollte. Die Schüler aber fingen an das Lied zu singen:
„Du Friedensfürst, Herr Jesu Christ usw.“ Dieser Gesang rührte
den wilden Hauptmann so sehr, daß er die Stadt verschonte und
von dannen zog. Zum Andenken daran hat ein reicher Bürger
von Kamenz der Schule ein großes Stück Wald geschenkt und ver-
ordnet, daselbst alljährlich zu Bartholomäi ein Schülerfest zu feiern
mit Gesang jenes Liedes, Prozession, Freudenfeuern und Lustgelagen.
Das ist der Ursprung des noch heute gebräuchlichen Forstfestes
zu Kamenz.
Eine andere Sage verlegt die Entstehung des Festes ein Jahr-
hundert später. Im Jahre 1520 herrschte in der Oberlausitz und
sonderlich bei Kamenz eine große Dürre. Da ging die Geistlichkeit
mit den Schulkindern in langer Prozession von einer heiligen Kapelle
zur andern und beteten um Regen, und siehe, den andern Tag kam
der erbetene Regen. Zum Andenken daran feiern die Kamenzer
Schüler bis auf den heutigen Tag das Forstfest.
Vgl. das Kirschenfest zu Naumburg und hier „das Vesperlied
zu Pegau“ Ar. 972.
966. Der treue Rat von Freiberg.
W. Ziehnert, Sachsens Volkssagen, S. 439 ff.
Die Söhne Friedrichs des Streitbaren, Kurfürst Friedrich und
Herzog Wilhelm, hatten über ihre Länder einen Teilungsvertrag ge-
schlossen, nach welchem die Stadt Freiberg beiden zugleich angehörte.
Als nun zwischen den beiden Brüdern der Krieg ausbrach, welcher
gegen sechs Jahre währte, da war die arme Stadt oft in großer
Kümmernis, denn zwei Herren, die einander befehden, durch Treu-
schwur zugleich untertan sein, das ist gar ein schlimmes Ding.
Im Jahre 1446 Rkam Kurfürst Friedrich, vielleicht nur, um
die Treue der Bürger zu erproben, mit starker Heeresmacht nach
Freiberg, hielt auf dem Markte Lager mit seiner Ritterschaft und
ließ durch einen Herold ausrufen, „daß der Rat und die Bürger-
schaft bei Verlust Gutes und Lebens ihm allein huldigen, seinen
Bruder verschwören und wider denselben ihm zu Hilfe tun sollten.“ —
Da gingen die Herren des Rates zusammen und hielten voller Angsten
einen Rat, was zu beginnen sei, und konnten nichts Erfreuliches er-