Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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Jugend so viel gehört hatte, daß es im Innern des Berges stehen 
solle — auch auf dem Gipfel desselben soll früher ein Schloß ge— 
standen haben — und sprach bei sich selbst: du bist doch nun schon 
manches liebes Jahr und zu jeder Stunde der Nacht da vorüber- 
gegangen und hast noch niemals etwas von diesem Zauberschlosse 
gespürt, wer weiß, ob es wahr ist. Mir sollte niemand erscheinen 
und mir gebieten, zu folgen, ich faßte mir wirklich ein Herz und 
füllte mir meine Tasche mit Gold. Ja wer nur den Eingang ins 
Zauberschloß wüßte! Den will ich dir zeigen, erwiderte ihm ein 
Mann, den er niemals gesehen und der ihm jetzt gerade in den 
Weg trat. Der arme Görge erschrach so gewaltig darüber, daß er 
nicht einmal zurüchzutreten vermochte, und so freundlich auch immer 
die Antwort des Unbekannten erklang, so sah es doch um das 
Herz, was er sich vorhin zu fassen getraute, gar jämmerlich aus. 
Komm, folge mir getrost, versetzte der Berggeist, du wirst im Schlosse 
von einer hohen Gesellschaft erwartet, um ihr zum Tanze zu spielen; 
sie wird dich gnüglich bezahlen, daß du dein Lebelang hast, was 
du brauchst: aber hüte dich ja, im Schlosse zu reden und fordere 
ja nicht, wenn man dich fragt, was du für deine Musik begehrest. 
Rothkopfs Görge war ganz versteinert vor Schrechen. Der Berg- 
geist ging vor ihm her und winkte ihm, zu kommen, und Görge 
folgte, ohne es zu wollen. Was hülf'’ es dir auch, wenn du flöhest, 
vermochte er doch noch bei sich zu denken, er würde dich bald er- 
greifen und dir wohl gar das Genick brechen. MUMl#t Inbrunst 
stammelte er das stets so bewährte: „Alle gute Geister usw.“, was 
schon so manchem in gleichen Angsten geholfen, und wankte zitternd 
hinter ihm drein. 
Durch einige schaurige Wege, die BRothkopfs Görgen, so gut 
er auch am Windberge Bescheid wußte, gänzlich unbekannt waren, 
und die er sich auch niemals wiederzufinden getraute, gelangten sie 
endlich an ein großes leuchtendes Tor, das sich plötzlich, so bald sie 
in den geräumigen Vorhof getreten waren, von selbst wieder schloß. 
Der Musikant glaubte, er werde aus diesem bezauberten Schlosse 
wohl nun nie mehr herauskommen, denn wenn der Ton seiner 
Geige dem Berggeist gefiele, so könne es demselben leicht in den 
Sinn kommen, ihn gar zum Hofmusikanten zu machen. Zwischen 
JFurcht und Erstaunen geteilt, durchging er den mit Facheln er- 
leuchteten Vorhof und erblichte dann mehrere prächtige und hohe
	        
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