Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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Gebäude und Türme, die kaum, nach seinem Augenmaße zu schließen, 
im Windberge Platz haben konnten, und alles war hell und er— 
leuchtet, wie am Tage. Sein Führer ging stets vor ihm hin und 
brachte ihn durch das Hauptgebäude in einen großen, von vielen 
tausend Kerzen erleuchteten Saal, wo eine große Gesellschaft von 
Herren und Damen, in schwarzer altdeutscher Tracht und mit köst- 
lichen Perlen und Edelgesteinen geschmückt, ihn augenblichlich um- 
ringte und von oben bis unten mit großen Augen betrachtete. 
Ihm pochte das Herz gewaltig; sein Führer aber winkte ihm 
freundlich und führte ihn durch den versammelten Kreis zu einem 
Kamin mit dem deutenden Winke, sich nun auf der Geige hören 
zu lassen. Auch hier umgaben ihn, während er stimmte, die Herren 
und Damen, und endlich erhielt er das Zeichen zum Anfang. Es 
begann eine Art Tanz, dergleichen er weder in Burgk, noch auf 
den andern Dörfern umher jemals gesehen hatte. Das Sonderbarste 
von allem war aber, daß er dazu mit der größten JFertigkeit eine 
Musik spielte, die er in seinem Leben noch niemals gehört hatte 
und von der er auch nachher nie wieder einen Ton hervor- 
bringen konnte. Als sich die Gesellschaft ohngefähr eine Stunde, 
nach seinem Bedünken, mit dem Tanze belustigt hatte, kam jedes 
Paar mit ernsthaften Schritten und schweigend auf ihn zu, und 
nun betrachteten sie ihn mit Blicken, vor welchen seine Augen zu 
Boden sanken. Endlich trat einer der Herren aus dem Kreise her- 
vor und fragte: „Was forderst du für eine Belohnung?“ Bei 
allem Angstschweiß gedachte doch Görge der Ermahnung des Führers: 
er zog seinen zwischen die Knie geklemmten Hut hervor, hielt ihn 
mit demütiger Gebärde offen vor sich hin und gab durch eine Be- 
wegung zu erkennen, als sei er mit allem zufrieden. Da ergriff 
der nämliche Herr eine Kohlenschaufel, fuhr damit in den Haufen 
der im Kamine glühenden RKohlen, und schüttete sie Görgen in 
den Hut. Dieser entsetzte sich darüber nicht wenig, allein in dem- 
selben Augenblicke trat der bekannte Führer herbei, und winkte 
ihm freundlich, er solle ihm folgen. Görge gehorchte sogleich, 
voll banger Erwartung, was weiter folgen werde, und sah sich 
in kurzem zu eben dem Tore zurüchbegleitet, durch welches der 
freundliche Mann ihn eingeführt hatte. In diesem Augenbliche war 
auch der Führer und mit ihm die ganze Erscheinung verschwunden; 
Rothhopfs Görge aber befand sich, von der finstersten Aacht um- 
Meiche, Sagenbuch. 3
	        
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