Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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Da stand nun Rothkopfs Görge und kratzte sich hinter den 
Ohren, daß er sein Glück so verscherzt hatte. Das in dem Hute 
gefundene Goldstück machte ihn ärmer als er gewesen war, weil es 
ihn beständig an seinen Verlust erinnerte. Da er aber als lustiger 
Spielmann von Aatur keinen Hang zur Schwermut besaß, so er— 
gab er sich endlich darein, und nach einigen Jahren schien er sogar 
froh darüber, daß er nicht zum reichen Manne geworden war. 
„Denn“, sprach er zuweilen, „schon das eine Goldstück hat mir Un— 
mut und Sorgen genug gemacht, wie sehr würde mich nicht erst 
ein ganzer Hut voll solcher Goldstücke gepeinigt haben.“ 
31. Die Gräfin Kosel im Schafberge bei Langenwolmsdorf. 
Gräße, Bd. J, Ar. 222; K. Winter in der „Constit. Ztg.“ 1853, Ar. 96. 
Bei Langenwolmsdorf in der Nähe der Ruinen der alten 
Bergfestung Stolpen liegt der Schafberg; in diesem ist eine Höhle, 
darin soll die Gräfin Kosel begraben sein. Sie hat aber keine 
Ruhe im Grabe, sondern wandert bei Tag und Aacht herum und 
von den Talern, die sie mit in ihr Grab genommen hat, gibt sie 
den Leuten, die ihr standhalten. 
Einmal hat ein Schäfer bei jenem Berge geweidet, dem ist 
plötzlich eine schöne Jungfrau erschienen, die ein kurzes weißes Kleid 
und um den Leib ein schwarzes Gürtelband trug. Die hat ihn ge— 
fragt, ob er ihr helfen wolle, und als er ja gesagt, hat sie sich nach 
dem Berge zugewendet und ihm gewinkt, ihr zu folgen. Als er 
aber dort angelangt ist, da hat sich der Berg aufgetan, und es war 
ein Gang und eine weite Halle zu sehen, an deren Ende ein breiter 
Wassergraben war, über den aber keine Brücke führte. Da hat 
das Mädchen gesagt: „Auf! springe hinüber!“ Der Schäfer aber 
hat geantwortet: „Er ist zu breit“, und als ihn die Jungfrau aber— 
mals gebeten, hat er es zweimal vergeblich versucht, weil er schon 
alt und steif war. Da hat sich drüben über dem Graben ein großes 
Tor aufgetan, und der Schäfer hat in einem weiten Saale viele 
Männer mit langen weißen Bärten sitzen sehen, eine Stimme aber 
hat gerufen: „Abermals umsonst! noch hundert Jahre!“ Darauf ist 
alles verschwunden und der Schäfer hat sich erst nach Mitternacht 
wieder nach Hause finden können. 
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