— 893 —
1100. Das goldene Lamm.
Gräße, Bd. I, Ar. 234; Brandner, Lauenstein, Lauenst. 1845, 8, S. 323 ff.
Im Dorfe Fürstenwalde lebte vor langer Zeit ein Häusler
namens Bär, bei dem seit vielen Jahren jährlich ein Fremder,
angeblich ein Italiener, einkehrte, sich mehrere Wochen aufhielt
und in dem Flußbette der Müglitz in der Gegend vom Kratz-
hammer abwärts bis an das sogenannte Löwenbrüchchen Gold-
körner und im Schlottwitzgrunde edle Steine suchte. Seine Be-
mühungen wurden jedesmal von reichem Erfolge gelohnt; er bezahlte
stets seinen Wirt reichlich, doch endlich sagte er einmal bei seiner
Abreise, er werde nun nicht wieder hierher kommen, wohl möge
ihn aber Bär in seiner Heimat besuchen, wozu sich schon Gelegen-
heit finden werde. Nach länger als Jahresfrist erhielt nun Bär
von seinem früheren Gaste die Nachricht, er solle nach Teplitz kommen
und sich daselbst auf der Post melden, für sein Fortommen und
Beböstigung sei gesorgt. Bär macht sich auf den Weg, findet alles
wie angegeben und gelangt endlich in den Wohnort seines Freundes.
Da er jedoch der Sprache nicht Rundig ist, hat er große Mühe, die
Gasse und das Haus zu finden, wo sein Gastfreund wohnen sollte,
trotzdem daß ihm die Aummer desselben angegeben war. Endlich
nach langem Suchen findet er dieselbe, aber das Haus scheint ihm
weit größer und prächtiger, als er sich gedacht hatte. Er tritt jedoch
ein, um sich zu erkundigen, weil er aber in seiner schlechten, ge-
wöhnlichen Kleidung war, so ward er von einem ihm entgegen-
kommenden Bedienten, der ihn für einen Bettler hielt, aus dem
Hause hinausgewiesen. Wie er nun nicht weiß, was er anfangen
soll, hört er auf einmal aus dem genannten Hause eine bekannte
Stimme rufen: „Vater Bär, bist du's?" und gleich darauf erscheint
zu seiner großen Freude sein alter Freund. Dieser nimmt ihn sehr
gut auf, allein Bär kann sich lange Zeit mitten unter der Pracht
und Herrlichkeit, die ihn umgibt, gar nicht zurechtfinden. Endlich
führt ihn jener, als er sich zum Abschied anschickt, in ein Kabinett,
welches seine Schätze enthielt, und bittet ihn, unter mehreren dort
aufgestellten, aus dem reinsten Golde gegossenen Figuren, sich eine
zum Andenken mitzunehmen, da sie aus den Goldkörnern seien,
die er in seiner Heimat gesammelt habe. Bär wählt nach langem
Zureden ein goldnes Lamm und langt damit, sowie mit einer